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Strawinsky-Musik auf Langspielplatten

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In seinem Lebensbericht „Chroniques de mon vie“ begrüßt Igor Strawinsky bereits 1935 die durch die Technik gebotene Möglichkeit, seine Werke mit Hilfe elektroakustischer Apparate festzuhalten. Die unter Aufsicht oder gar unter persönlicher Leitung des Komponisten gemachten Aufnahmen sollen nämlich für spätere Interpretationen als Modell dienen und die Werke vor dynamischer, vor allem aber vor tempomäßiger Deformierung schützen. Hinzukommt, daß sich die meisten Kompositionen Strawinskys infolge ihrer meisterlichen Instrumentierung, ihrer eher „harten" als verschwommenen Klanggebung, auch dank ihrer übersichtlichen und gedrängten Form, besonders für Plattenaufnahmen eignen. — Im folgenden werden einige Langspielplatten angezeigt, die aus einer größeren Anzahl von Strawinsky-Aufnahmen ausgewählt wurden und die sowohl künstlerisch (Interpretation) als auch technisch (Schönheit und Natürlichkeit des Klanges) als bestens gelungen bezeichnet werden können. Die Werke sind chronologisch geordnet, so daß also der mehr konservative Hörer an den früheren Werken und der an moderne Kunst Gewöhnte an den späteren Werken mehr Freude haben wird. (Preis jeder Platte etwa 190 Schilling.)

Das für Diaghilew geschriebene Ballett „D e r Feuervogel“, das 1910 in der Pariser Oper uraufgeführt wurde, ist Strawinskys erstes großes Werk und machte den jungen Komponisten über Nacht berühmt. Der von Strawinsky besonders geschätzte Schweizer Dirigent Ernest Ansermet hat die ungekürzte Ballettmusik mit dem Orchestre de la Suisse Romande auf DECCA LXT 5115 aufgenommen.

Die (gekürzte) Konzertsuite aus „Der F e u e r- vogei“ wurde zusammen mit Strawinskys bekanntester Ballettmusik „Petruschka" von 1911 unter der Leitung von Pierre Monteux durch das Orchestre du Conservatoire Paris auf der RCA- Platte LM 2113 registriert.

„Le sacre du pr in temps“ (1913), von welchem im nebenstehenden Artikel die Rede ist, gehört zu den kühnsten Werken Strawinstys und schließt die erste — „russische“ — Periode in seinem Schaffen ab. Die Aufnahme der Deutschen Grammophon-Gesellschaft (Rias-Symphonieorchester unter Ferenc Fricsay) wurde an dieser Stelle bereits besprochen.

Mit dem „P u 1 c i n e 11 a“-Ballett von 1913 beginnt Strawinskys „neoklassizistische“ Periode. biSgkileri'Aitte iii kÄaltn eine Reihe verschollen geglaubter, zum Teil unvollendeter Musikstücke von Pergolesi gesammelt und fand in Neapel eine weitere Handschrift mit einer Commedia-dell’-arte- Skizze. Aus diesem Material machte Strawinsky etwas durchaus Neuartiges von hohem artistischem Reiz: das Ballett mit Gesang in einem Bild „Pulcinella", von dem man meist nur die Konzertsuite kennt. Die PHILIPS-Langspielplatte A 01139 L enthält die vollständige Musik, die vom Cleveland Orchestra und drei Gesangsolisten unter der Leitung des Komponisten ausgeführt wird.

Für das 1927 geschriebene Oratorium nach Sophokles’ „O e d i p u s Rex“ ließ sich Strawinsky einen Text von Jean Cocteau schreiben und diesen Text aus dem Französischen durch Jean Danielou ins Lateinische übertragen. Das streng stilisierte, epochemachende Werk gehört zu den bedeutendsten Strawinskys. Es wurde, mit Jean Cocteau als kommentierenden Sprecher und unter Leitung des Komponisten vom Chor und Orchester des Kölner Rundfunks auf PHILIPS A 01137 L aufgenommen.

Die beiden wichtigsten Klavierwerke Strawinskys, das Concerto für Klavier und Blasorchester von 1924 und das Capriccio für Klavier und Orchester, 1929, als dessen Solist seinerzeit Strawinsky oft selbst figurierte, ist auf der DECCA-Platte LXT 5154 aufgenommen. Nikita Magaloff spielt die beiden Werke, begleitet vom Orchestre de la Suisse Romande unter der Leitung von Ernest Ansermet.

„Komponiert zur Ehre Gottes und dem Chicago Symphony Orchestra zugeeignet" — diese Widmung steht auf der ersten Seite der Partitur zu Strawinskys Symphonie in C in vier Sätzen aus dem Jahre 1940 (zu unterscheiden von der „Symphony in three movements"von 1946!). Es ist, in dieser Reihe, das letzte der neoklassischen, mehr oder weniger gefälligen, leicht aufzufassenden Werke Strawinskys. Mit der „C a n t a t a“ von 1952 hat der Komponist Neuland betreten. Sie wurde noch nicht in der später von Strawinsky angewendeten Reihentechnik geschrieben, ist aber bereits durch den vergeistigten und esoterischen Altersstil gekennzeichnet. Die anonymen Texte stammen aus dem „Herbst des Mittelalters“, dem 15. und 16. Jahrhundert, und gehören zu jener mystischen Lyrik, wie sie im burgundisch-niederländisch-englischen Kulturkreis damals verbreitet war. Die vierstrophige Totenklage des Chors ist durch Soli und Duette unterbrochen. Das knapp halbstündige Werk verwendet zwei Flöten, Oboe, Englischhorn und Cello als Begleitinstrumente. — Die Symphonie in C wird vom Cleveland Orchestra unter der Leitung des Komponisten ausgeführt, die „Cantata"von einem New-Yorker Kammerorchester und Kammerchor. Aufnahme: PHILIPS A 01149 L.

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