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Mysterium von der Geburt des Herrn

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Am 21. Dezember findet im Großen Konzerthaussaal eine Aufführung von Frank Martins Oratorium-Oper „Das Mysterium von der Geburt des Herrn“ statt. Wegen der Bedeutung dieses Werkes — und weil wir die Besprechung erst in der ersten Jännernummer bringen können, schicken wir diesem Konzert die folgende Einführung voraus.

„Mysterium“ bedeutet hier soviel wie „ministerium“ = Gottesdienst. Der Text stammt aus dem Jahr 1450, jener Zeit, die der große Gelehrte Huizinga als den „Herbst des Mittelalters“ bezeichnet hat. Autor des 34.574 Verse umfassenden Stückes, das an vier aufeinanderfolgenden Tagen gespielt wurde, ist der Organist und Lehrer von Notre-Dame, Arnoul Greban. Darin wird die ganze Heilsgeschichte von der Empörung Luzifers, der Verkündigung und der Geburt Christi bis zum Kreuzestod und der Auferstehung dargestellt Aus der Handschrift von Le Mans entnahm der aus Genf stammende Komponist Frank Martin den Prolog und das erste Stück mit der Heilsgeschichte. Er komponierte den Text für neun Solostimmen, mehrere Chöre und Orchester. Das geschah in den Jahren 1957 bis 1959. (Interessant ist, daß bereits 1925 der Komponist Heinrich Kaminski auf das

Die konzertante Uraufführung der Musik von Frank Martin, dem wir in der „FURCHE“ schon zweimal ganzseitige Artikel gewidmet haben, erfolgte in der Adventszeit des Jahres 1959 im Genfer Radio unter der Leitung von Ernest Ansermet, der fünfzig Jahre lang das Orchestre de la Suisse Romande geleitet hat, und der ein großer Verehrer und Förderer seines Landsmannes Martin war. Die szenische Uraufführung fand im Rahmen der Salzburger

Festspiele 1960 statt, mit denen das neue Große Haus eingeweiht wurde.

Nun wird man auch In Wien Gelegenheit haben, wenigstens die Musik Frank Martins kennenzulernen, der, nach einem Wort seines Biographen Bernhard Bil-leter, in keinem Land so angesehen ist, wie in Österreich. In der Tat wurden hier fast alle wichtigen Werke Martins aufgeführt, von der „Petite Symphonie concertante“, dem Tristan-Oratorium „Le vin herbe“ (Der Zaubertrank) bis zu seiner großen Shakespeare-Oper „Der Sturm“, die während der ersten Spielzeit im wiederaufgebauten Großen Haus am Ring Premiere hatte. In Wien fand Frank Martin seit dem Jahr 1943 seinen ständigen Verleger (die Universal Edition), und hier wurde, anläßlich seines 70. Geburtstages im Jahr 1960, auch die erste Martin-Monographie (von Rudolf Klein) geschrieben und gedruckt. Die Aufführung am 21. Dezember erfolgt durch die Wiener Symphoniker, die Chöre der Jeunesses musicales und des ORF sowie durch namhafte Solisten, wie Walter Kreppel, Gerhard Stolze, Otto Wiener, Tleana Co-trubas und anderen. Die Leitung des Konzertes hat Bruno Maderna übernommen.

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