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Symphonie, Requiem, Variationen

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Das erste Konzert der J 0. Saison des Konzerthauses, als festliches Jubiläum begangen, wiederholte das Programm des Eröffnungskonzertes am 19. Oktober 1913: Beethovens IX. Symphonie und, vorausgehend, das zur Einweihung des Konzerthauses komponierte „Festliche Präludium“ von Richard Strauss. Dieses Festliche Präludium, sonst sehr selten zu hören, gehört kaum zu den besten Eingebungen des Meisters, weist aber immerhin alle seine charakteristische Eigenschaften auf: melodischen und rhythmischen Schwung, glänzende Instrumentation, mitreißende Kraft und Stimmung. Der Orchesterapparat ist ins Gigantische gesteigert, aber es wird immer musiziert, nie bloß Klang geballt. Das Orchester der Wiener Symphoniker (mit Josef Nebois an der Orgel) bewies unter der aparten und übersichtlich gliedernden Führung durch Karl Böhm eine noble und in der Tat festliche Musizierfreudigkeit, noch mehr allerdings in der folgenden „Neunten“ von Beethoven, in der sich der korrekt und sauber intonierende Chor der Singakademie und ein* bewährtes Solistenteam dazugesellte, in dem die junge Irmgard Stadler (Sopran) ihre Bewährungsprobe bestand (neben Hilde Rössel-Majdan, Fritz Wunderlich und Eberhard Wächter).

Ein mitreißendes, draufgängerisches Musizieren erlebten wir auch im Konzert der Prager Philharmoniker unter Karel Ancerl (im großen Musikvereinssaal), das in Igor Strawinskys „Sacre du Printe mps“ sich zur (künstlerisch gemeisterten) Orgie steigerte. Die lustigen Streiche des „Till E u 1 e n-Spiegel“ von Richard Strauss blieben zwar ein wenig gemütsarm und im Grunde mehr Streiche als lustig, aber doch voll plastischer Deutlichkeit in der Zeichnung. Die Symphonie Nr. 5 von Bohuslav M a r t i n u hingegen zeugte in ihrer glänzenden Wiedergabe von der musikalischen Intensität, mit der Martinu formale Probleme bewältigt, ohne seine musikantische Unbekümmertheit zu verdünnen. In Karel Ancerl hat das berühmte Orchester allerdings einen nicht minder berühmten, erfahrenen und sicher gestaltenden Dirigenten

Der Wiener Staatsopernchor und die Wiener Symphoniker vereinigten sich unter der Leitung von Richard Roßmayer zu einer Aufführung des „R e q u i e m“ von Antonin D v o f ä k. Von einer einzigen Stelle abgesehen, ist das Werk in der liturgischen Textfolge komponiert und kommt trotz konzertanter Konzeption (Dauer, große Orchesterbesetzung) auch dem liturgischen Gedanken manchmal recht nahe, besonders im Offertorium, dessen Eingangsmelodie eine seltsame Mischung von Gregorianik und Folklore ist, während die große Fuge des „Quam olim“ zündende Wirkung hat. Jedenfalls hat Dvof äks Requiem genug Eigenwert, um es unter die großen Totenmessen einzureihen, die wir alljährlich in den Konzerten hören. Die Leistung des Chores war in seiner präzisen Sauberkeit und dynamischen Schattierung ausgezeichnet. Als Solisten wirkten Hanny Steffck, Hilde Rössel-Majdan, Waldemar Kmentt und Walter Kreppel sowie Josef Nebois an der Orgel.

Raimund Weißensteinej brachte in seinem Kompositionskonzert (Wiener Symphoniker unter Leitung des Komponisten) als Uraufführung Symphonische Variationen für großes Orchester über „Christ ist erstanden“. Formale Anlage und symbolische Ausdeutung sind hier zu einer glücklichen Lösung gelangt. Die an sich freie thematische Behandlung ist gleichwohl von klarer Gliederung, das kraftvolle Thema wird kraftvoll kontrapunktiert und strebt sieghaften Steigerungen zu. Die innerliche Verklärung eines Piano oder Pianissimo allerdings fehlt. Mit dem Konzert für Orchester und Klavier (Solist Hans Weber) drang Weißensteiner ebenso wie mit seiner V. Symphonie zum vollen Erfolg durch, woran seine ruhiger und bestimmter gewordene Zelchengebung als Dirigent entscheidenden Anteil haben dürfte.

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