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Uraufführung unter Karajan
Das erste Philharmonische Konzert brachte für die Abonnenten eine böse Überraschung: sechs rhapsodische Skizzen von Fritz Leiter- m e y e r für zwölf Bläser (darunter ein Saxophon), Schlagzeug (mit Marimbaphon, Vibraphon, zwei Bongos und Holzblock) und zwölf Saiteninstrumente, „in freier Atonalität unter Verwendung von Zwölf- ton-Kompositionstechniken“ geschrieben. Das schließt sich bis zu einem gewissen
Karajan dlrititeif Zeichnung von Winnie Jakob
Grad zwar gegenseitig aus, ist aber trotzdem schlimm genug. Und von einem unserer Philharmoniker geschrieben. Und von Karajan aus der Taufe gehoben, der sogar bei der Orchesterfassung des ursprünglich als Streichquartett konzipierten Werkes die Hand im Spiel hatte. Das alles war sehr hart. Aber wenigstens waren die Stücke kurz (die ganze Miniaturensuite hat nicht länger als eine Viertelstunde gedauert) und wurde gleich zu Beginn des Konzertes abgetan. Allerdings nur fürs Publikum. Keineswegs vom Dirigenten und den Kollegen des Komponisten, die dieser feinen, mit Raffinement instrumentierten und gutklingenden Partitur alle wünschenswerte Sorgfalt angedeihen ließen. Die Titel der einzelnen Sätze haben eher die Funktion von Hilfskommentaren, die man auch, wenn es sich nicht um das philharmonische Publikum handelte, als Eselsbrücken bezeichnen könnte. Sie heißen: Spirituell, Miniatur, Pyramide, Fata Morganą, Nekrolog („In memoriam Alban Berg“) und Ekstase. Zum Programmkommentar wäre manches zu sagen. Er enthält allzu Prätentiöses („eine Auseinandersetzung mit den geistigen Werten der Musik“), verschweigt jedoch, daß die „Pyramide“, vom Einviertel- bis zum Zwölfvierteltakt aufgebaut, eigentlich auf dem Kopf steht, und leistet sich einen an dieser Stelle peinlichen Druckfehler (Berg schrieb, im Unterschied zu Büchner — „Woyzek“ — den Titel seiner Oper mit ck, also „Wozzeck“). Aber dies nur am Rande. Wichtiger ist, daß Leitermeyer sein Handwerk beherrscht und Klangphantasie hat. Die sechs Miniaturen sind kontrastreich konzipiert und schön in sich geschlossen, lediglich die „Ekstase“, in der Form eines Boogie-Woogie, bricht zu rasch ab. Sie müßte mindestens noch einmal solang dauern.
Darnach folgte Beethovens 2. Symphonie, die von Karajan — sehr richtig — mehr auf die folgenden Werke vorausweisend als im Stil und Gefolge Haydns und Mozarts interpretiert wurde. — Den zweiten Teil des Programms bildete Debussys symphonisches Triptychon „La me r“, das von Karajan in den Farben eher kräftig als impressionistisch-zart und verschwimmend dargeboten wurde. Wieder einmal konnte man sich daran erfreuen, wie neu und unverbraucht frisch diese bereits vor 60 Jahren vollendete Partitur ist. Karajans Sinn für Nuancen. Timbres und Zwischentöne war bei der Wiedergabe ebenso zu bewundern wie das feine, noble und differenzierte Spiel unseres Meisterorchesters.
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