6740645-1966_39_15.jpg
Digital In Arbeit

Tausend Clowns und ein Grieche

Werbung
Werbung
Werbung

Die Verfilmung von Theaterstücken führt nicht immer zu beglückenden Ergebnissen, zumal der Film anderen Gesetzen unterliegt. Herb Gardners bezaubernde Komödie „A thousand Clowns“ („Tausend Clowns“) feierte in New York so große Erfolge, daß der Autor sehr bald eine Verfilmung ins Auge faßte. Obgleich Regisseur Fred Coe die Hauptdarsteller der Theateraufführung übernahm, war er doch vom Anfang an entschlossen, keineswegs etwa ein Bühnenstück zu verfilmen, sondern die Story mit filmischen Mitteln darzubieten. Fred Coe entpuppte sich als ein echter Könner, der das ideal eingespielte Darstellerensemble souverän zu führen verstand und auch dem Kameramann die Möglichkeiten zu optischer Entfaltung bot. Die Geschichte ist von köstlicher Einfachheit und lebt von der gültigen Wiedergabe des Milieus. Da will sich ein ehemaliger Fernsehautor endlich einmal von jeder Ge- normtheit in Bezug auf Beruf und Alltag befreien und so leben, wie es ihm beliebt: frei und ohne konventionelle Verpflichtungen, ein Zug, der offenbar in der Zeit liegt und auch schon anderweitig zu mitunter grotesken Formen gefunden hat.

Murray, unser Held, lebt Wie ein Vagabund, skurriler Clown, der auch für seinen kleinen Neffen sorgt und ihn zu einem gleichen, freien Leben erziehen will, doch da tritt die Fürsorge auf den Plan und droht, ihm das Sorgerecht zu entziehen, wenn er nicht unverzüglich zu einem geregelten, bürgerlichen Leben zurückkehrt. Nun aber ergibt sich eine bezaubernde innere Wendung in der Handlung, denn plötzlich erscheint dieser komische Außenseiter des Lebens als der einzig vernünftige Mensch, während die sogenannten Bürger in überaus geordneten Verhältnissen zu grotesken Clowns werden. Es steckt ein Stück echte Problematik in dieser liebenswerten, humorvollen Komödie, ein Stück Lebensphilosophie, die nicht nur Schmunzeln, sondern auch Nachdenklichkeit auslöst. Die bei amerikanischen Filmen so geschätzte und oft so kühl und allzu perfekt wirkende Präzision fehlt weitgehend. Der Film wirkt stellenweise richtig poetisch, gefühlvoll ohne Sentimentalität, voll Esprit und optischem Witz. Der Streifen wird in Originalsprache gezeigt, wodurch keine Verfremdung möglich ist.

Gesellschaftskritik ist auch das Steckenpferd des Schweizers Friedrich Dürrenmatt. Diesmal ist es kein Theaterstück, sondern eine Erzählung, deren Verfilmung dem deutschen „Rosemarie“-Regisseur und Sexexperten Rolf Thiele anvertraut wurde, der in letzter Zeit keine sehr glückliche Hand bei der Verfilmung von literarischen Vorlagen bewies. „Grieche sucht Griechin“ nimmt die Korruption der Gesellschaft aufs Korn, aber die Ironie kommt nicht so recht zum Zuge, wobei nicht klar ersichtlich ist, ob es an Bürgerschreck Dürrenmatt oder an Bürgerschreck Thiele liegt. Statt witzig wird vieles plump und zähflüssig, auch die schweizerische Erotik, die Thiele mit teutonischer „Grazie“ anreichert. Heinz Rühmann müht sich ehrlich mit der Figur eines menschlich rührenden Buchhalters ab, der plötzlich eine unverhoffte Karriere macht und zuletzt doch nicht das Opfer einer tückischen Intrige der korrupten Gesellschaft wird. Manch gute Ansätze hielten nicht, was sie versprachen und zuletzt hat man doch das Gefühl, daß das Pulver der aufgefahrenen Geschütze feucht geworden ist, so daß kein Kanonendonner, sondern nur ein undeutliches Geknatter zu hören war.

Undiskutabel in jeder Hinsicht ist Rolf Olsens neuestes Opus „In Frankfurt sind die Nächte lang“, eine öde Prostituiertenmoritat, trotz der Mitwirkung von Mitgliedern des Burgtheaters und der Josefstadt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung