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Zwei heitere Opern

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Neben Benjamin Brittens Oper „Peter Grimes“ brachte die Sadler's Wells Opera im Theater an der Wien Arthur Sullivans „Iolanthe“ als komische Oper in zwei Akten. Wenn der Ton die Musik macht, war hier ein neuer Ton und eine alte Musik zu einem höchst originellen Erlebnis verbunden. Bühnenbild, Regie, Beleuchtung, Spiel und Gesang wirkten zu einer Einheit zusammen, wie man es selten erlebt. Der Text ist eine politische Satire von 1882 (der englische Untertitel heißt „The Peer and the Peri“), in poetischer Laune zu Scherz, Satire, Ironie ohne tiefere Bedeutung, es sei denn die allgemein menschliche, erhoben, mit der Musik zusammen, die trotz ihrer Leichtgewichtigkeit ernst zu nehmen ist, viel englisches Volksliedgut verwendet und daher mit dem Geschehen organisch verbunden bleibt, wird die Aufführung zu einer Parodie der Parodie, was sich in nettesten Einfällen der Kostüme und des Bühnenbildes ebenso kundgibt wie in Geste und gelegentlicher Selbstpersiflage der Sänger. Um ein Liebespaar (Elizabeth Robson und Julian Moyle), das in ländlichen Kostümen, gleichsam dn Yardley-Paokung ebenso entzückte wie in Stimme und Spiel, gruppierten sich die Feen, deren Königin (Ann Howard) als schöner Kontra-Alt aufhorchen ließ, sowie die Herzoge und Lords sowie der Gefreite Willis, der es schließlich bis zum Gemahl der Feenkönigin bringt. Alles in allem: ein englisch verhaltener, darum doppelt lebendiger und echter Humor, dem Patricia Kern als Titelheldin Iolanthe wärmere und ernstere Züge schenkte. Das Publikum war entzückt und in heller, heiterer Begeisterung, vielleicht auch, weil es ein Theater erlebte, das ihm liegt und das ihm hier kaum geboten wird.

„Der Liebestrank“, komische Oper In zwei Akten von Gaetano Doni-zetti, wird unter der musikalischen Leitung von Argeo Quadri in der Volksoper gespielt. Die Musik ist in der Originalfassung, die Sprache nur teilweise, und das schafft ein Gefühl des Unbefriedigtseins. Singt man die Oper italienisch (was in der Vols-oper keineswegs logisch ist, da man die Kenntnis der Sprache beim „Volk“ nicht voraussetzen kann, und eine unverstandene, wenn auch ge-

sungene Sprache zur Langeweile führt), dann aber müßte alles, auch der Chor italienisch singen — was nicht der Fall war. Schade, denn die Aufmachung war gut (Inszene: Christian Moeller, Bühnenbilder: Gottfried Neumann-Spallart, Kostüme: Alice Maria Schlesinger) und die Aufführung selbst nach anfänglicher Hilflosigkeit animiert und mit feinen buffonesken Zügen. Sehr hübsch und grazil Graziella Sciutti mit schöner, klarer Stimme (in der Höhe nicht immer leicht); ihre Freundin Gianetta, schalkhaft und neugierig, anmutig verkörpert von Monique Lobasa, die mit Adina italienisch, mit dem Chor deutsch sang. Mario Sereni war ein glaubhafter Belcore als Sergeant-Dorf-Don-Juan. Der Quacksalber Dul-camatra wurde von Wladimiro Ganzarolli echtest dargestellt als Typus des italienischen Straßenhändlers. Den Separaterfolg holte sich Giuseppe di Stefano als armer Landmann Nemorino. Er spielte ihn glänzend, mit viel Humor und Verhaltenheit, ein gutgläubiger Naturbursche, immerwährend bescheiden und zurückgesetzt und doch am Ende der Sieger. Die Rolle liegt ihm zweifellos besonders, auch stimmlich, wiewohl er darin oft über das Format hinausgeht. — Beifall graduiert den Künstler und er verdient ihn. Aber nach jeder Nummer Beifall auf offener Szene, in einem Fall minutenlang, demonstrativ — ein Beifall, der solche Formen annimmt, graduiert mehr das Publikum.

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