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Als Frau in der Gemeinde aktiv

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FURCHE: Welche Schwierigkeiten begegnen einer Frau, die eine Gemeinde leitet, die stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates ist?

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FURCHE: Welche Schwierigkeiten begegnen einer Frau, die eine Gemeinde leitet, die stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates ist?

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AGATHE SCHEIBLAUER: Ich habe keine Schwierigkeiten, deren Ursache sein könnte, daß ich eine Frau bin. Ich sehe eher mehr Chancen, als sie vielleicht ein Mann hätte. Ich glaube, eine Frau weiß besser Bescheid um die Ansprüche, Sorgen und Chancen, die eine Familie hat.

FURCHE; Hat es nicht manchmal Männern Unbehagen verursacht, wenn die Letztverantwortung in bestimmten Bereichen bei Ihnen lag?

SCHEIBLAUER: Bisher ergaben sich da keine Schwierigkeiten. Wir, der Vorstand des Pfarrgemeinderates in der Machstraße, verstehen uns als Team. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, sie laufen über die Entscheidungsgremien, für die Pfarre über den Vorstand und den Pfarrgemeinderat, für die Gemeinde über denselben Vorstand und das Leitungsteam. Die Leitung und Koordination dieser drei Gremien liegt bei mir.

FURCHE:Die Machstraße ist ja einerseits eine Pfarre und andererseits eine Gemeinde.

SCHEIBLAUER: Seit vielen Jahren bin ich stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates. In ihm sind die gewählten und ernannten Mitglieder aus der Pfarre vertreten. Sie planen zusammen mit den Arbeitskreisen die pfarrlichen Aktivitäten und sorgen für die Durchführung. Davon unterschieden gibt es die Gemeinde Machstraße.

Sie ist wegen ihrer Größe in zwei Teilgemeinden (Basisgemeinden) untergliedert, jede Teilgemeinde hat einen eigenen Leiter, jedoch gibt es ein gemeinsames Leitungsgremium. In diesem Leitungsteam sitzen die Vertreter der einzelnen „Runden“ ; „Runden“ sind Gemeinschaften von etwa acht bis zwölf Menschen, die aus dem Glauben heraus Sorgen und Freuden miteinander teilen und ihr Glaubensle-

„Die .Runden’ teilen aus dem Glauben heraus Sorgen und Freuden“

ben gestalten. Sie sind Träger des Gemeindelebens und aller Aufgaben, die für die Pfarrgemeinde zu erfüllen sind.

FURCHE: Die Gemeinde bildet also in der Pfarre einen Kern, von dem aus etwas in die Pfarre ausstrahlen soll?

SCHEIBLAUER: Unsere Gemeinde hat derzeit zwei Kerne. In naher Zukunft werden es drei oder vier sein. Wir hoffen auf weiteres Wachstum, damit möglichst viele Christen die Freude, in einer Gemeinde zu leben und zu wirken, erfahren dürfen.

FURCHE; Ist es je zu Schwierigkeiten mit dem Priester in der Pfarre, in der Gemeinde gekommen, für die der Grund sein könnte, daß Sie eine Frau sind?

SCHEIBLAUER: Nein, bisher nicht.

FURCHE: Wie läßtsichihre Tätigkeit mit Ihren Verpflichtungen in Ihrer eigenen Familie vereinbaren?

SCÖEIBLAUER: Grundsätzlich steht mein Mann sehr positiv zu meinem Engagement. Er selbst ist beruflich auch viel auswärts und dadurch nicht in dem Maß wie ich in der Gemeinde präsent. Unsere vier Kinder sind alle schon erwachsen, drei Söhne, 25, 22,20 Jahre alt, leben noch zu Hause, unsere Tochter ist verheiratet, die junge Familie ist sehr gerne in der Gemeinde.

Das Mitleben in der Gemeinde bringt für die Familie viel Positives. Anregungen und Impulse für die Gestaltung des eigenen Lebens, die Freunde, die aus dieser Gemeinschaft erwachsen, entschädigen die Kinder für das fallweise Fehlen eines Elternteiles.

FURCHE:Kann man sagen, daß in Basisgemeinden über die intensive Mitverantwortung der Laien auch die Einbeziehung der Frauen selbstverständlicher verläuft?

SCHEIBLAUER: In unserer Gemeinde haben viele Frauen Leitungspositionen, den Liturgiekreis leitet eine Frau. Auch in den pfarrlichen Arbeitskreisen (Finanzen, Jugend, Caritas, Liturgie …) sind überwiegend Frauen an der Spitze. Auch im Pfarrgemeinderat gibt es mehr Frauen als Männer. Das hängt natürlich auch mit dem Aufwand an Energie und Zeit zusammen, den nicht berufstätige Frauen eher erbringen können.

FURCHE: Kommen Sie aus einem gläubigen Milieu?

SCHEIBLAUER: Ich hatte ein katholisches Elternhaus, meine Kindheit und Jugend habe ich in der Wiener Pfarre St. Johann Ne-pomuk verbracht, wo es zu dieser Zeit einen auch für die Jugend sehr engagierten Pfarrer gab: Pfarrer Dolezal, der schon vor dem Konzil die Laien in Planung und Mitverantwortung für das Leben der Pfarrgemeinde sehr einbezogen hat. Die Freude am Miteinander und auch die Bereitschaft, sich zu engagieren, wurden dort grundgelegt.

FURCHE: Wie reagieren die Frauen in der Pfarre, in der Gemeinde auf Frauen in Leitungspositionen?

SCHEIBLAUER: Ich fühle mich auch von den Frauen akzeptiert und empfinde dies als große Hilfe. Wenn wir einerseits viel über den grundsätzlich gleichen Wert von Mann und Frau vor Gott reden, dies auch noch biblisch belegen, und dann nicht annehmen könnten, wäre das sehr traurig.

FURCHE: Heißt das aber, daß in Ihrer Pfarre, in der Gemeinde das Thema „Frau und Kirche“ nicht vorkommt?

SCHEIBLAUER: Bis jetzt ist es nicht ausdrücklich zur Sprache gekommen. Viele von uns, Männer und Frauen, liebäugeln mit einer gemeindeweiten Auseinandersetzung über Frauengestalten des Alten und Neuen Testaments. Dabei wollen wir uns fragen, was sie für uns heute bedeuten und wir von ihnen lernen können.

Mit der stellvertretenden Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates in Wien-Machstraße sprach Leonore Rambosek.

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