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Aus dem Konzertsaal

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Der greise Klaviermeister Rudolf Serkin stattete wieder einmal Wien einen Besuoh aib urud spielte im Großen Konzerthaussaal nach Bach und Schubert Beethovens erste und die letzte Klaviersonate. Serkins Weltklasse vermochte man an der Interpretation das Italienischen Konzertes nicht festzustellen; was beeindruckte, war das orchestrale und unbekümmerte Spiel. Die „Wanderer-Fantasie“ paßte zu seinem gedeckten Klavierklang besser, kühle Zurückhaltung stand in schärfstem Kontrast zu fulminanten dramatischen Steigerungen. Aber selbst, wenn man an das Spiel dieses Künstlers den strengsten Maßstab anlegte, konnte man vor der Klarheit und Tiefe seines Beethoven- Spiels eigentlich nur mehr staunend und demütig dankbar verharren: Wer dabei war, hat eine Stemistunde der Musik erlebt!

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Der greise Klaviermeister Rudolf Serkin stattete wieder einmal Wien einen Besuoh aib urud spielte im Großen Konzerthaussaal nach Bach und Schubert Beethovens erste und die letzte Klaviersonate. Serkins Weltklasse vermochte man an der Interpretation das Italienischen Konzertes nicht festzustellen; was beeindruckte, war das orchestrale und unbekümmerte Spiel. Die „Wanderer-Fantasie“ paßte zu seinem gedeckten Klavierklang besser, kühle Zurückhaltung stand in schärfstem Kontrast zu fulminanten dramatischen Steigerungen. Aber selbst, wenn man an das Spiel dieses Künstlers den strengsten Maßstab anlegte, konnte man vor der Klarheit und Tiefe seines Beethoven- Spiels eigentlich nur mehr staunend und demütig dankbar verharren: Wer dabei war, hat eine Stemistunde der Musik erlebt!

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Das berühmte britische Kammer- orchester „Academy of St. Martin-

in-the-Fields“ brachte gleich zwei Solisten mit ins Konzerthaus. Barry Tuckwell blies das Haydn zugeschriebene Homkonzert D-Dur, Hob. VII d/4, unübertrefflich flexibel und weich; einen Ausrutscher auf seinem klangvollen Instrument mochte man als Trost für andere Hornisten empfinden; besser kann es wohl keiner mehr! Mit dem hervorragenden Tenor Robert Tear war Tuckwell in Benjamin Brittens poetischer „Serenade für Tenor, Horn und Streicher“, op. 31, vereint. Britten scheint in diesem stimmungsvollen Werk Shakespearscher Geist vorgeschwebt zu haben, und die Interpretation war sowohl vorbildlich britisch wie auch romantisch. Mit Donizetti und Dvofäk (Serenade) rückten dann die Streicher ihre hohen Qualitäten ins gebührende Licht.

Dvofdks „Stabat Mater“ vermochte bis heute nicht die Beliebtheit vieler seiner Irtstrumentalwerke zu erringen. Seihst die sehr gute Auffüh rung unter Milan Horvat im Musikverein wird daran wohl wenig ändern. Was sonst eine Tugend ist, nämlich die Wahrung der substantiellen Einheit durch konsequente Themenverarbeitung des Meisters, hier führt es fallweise zur Monotoni- tät, mancher Aufwand wirkt außerdem rein äußerlich; Das ORF- Symphonieorchester und der weit über 100 Personen zählende „Singverein“ verdienen uneingeschränktes Lob, die englische Sopranistin Sheila Armstrong sang schlechthin wie ein Engel, Waldemar Kmentt fesselte durch Temperament und den Metallglanz seines Tenors, Margita Lilowa und Ernst G. Schramm waren noble Oratorieninterpreten und Horvath hatte ganz offensichtlich beste Probenarbeit geleistet. Was erreicht wurde, war die weitgehende Bestätigung der alten Tatsache, daß nur sehr selten wirklich Gutes in Vergessenheit gerät.

Ein zeitgenössischer Komponist kommt in den gefährlichen Ruf der Naivität, wenn er thematisch arbeitet. Paul Kont („Der Raucher“, für Solocello und Streicher) und Thomas Christian David („2. Konzert für

Streichorchester“) tun es trotzdem ungeniert und mit großem Können. Konts bewußt der Tradition verpflichtetes Stück (Solist Boris Vybi- ral) klang allerdings roh und lieblos: offenbar hatte Jan Stych mit seinem „Martinu-Kammerorchester“ zu wenig geprobt. — Besser kam David mit seinem klangschönen, billige Effekte meidenden und tief empfundenen Werk weg. Im zweiten Teil dieses Konzertes im Großen Sendesaal des Funkhauses hörte man Erprobtes, kehie Uraufführungen: Alfred TJhl steuerte „Introduktion und Variationen über eine Melodie aus dem 16. Jahrhundert“ bei, und von Marcel Rubin, einem unserer intelligentesten Instrumentalkompo- nisten, hörte man seine „Sinfonetta für Streichorchester“, beides in sehr ansprechender Wiedergabe. Am 21. und 25. März wird das Konzert jeweils um 21.30 Uhr auf ö 1 gesendet werden.

Im Mozart-Saal debütierte das „Beaux-Arts-Trio“ in unübertrefflicher Meisterschaft. Zwei der Musiker sind Amerikaner, einer ist ein deutscher Israeli. Was dieses Klaviertrio leistete, gehört zum Eindrucksvollsten an Kammermusik, das man in den letzten Jahren hören konnte. Beethovens G-Dur-Trio, op. 1/2, erklang mit ziselierter Feinheit und bewundernswerter Intensität; man war überzeugt, Spezialisten für die Wiedergabe klassischer Musik vor sich zu haben und bangte vor Ravel. Doch dessen Klaviertrio vermeinte man überhaupt zum erstenmal zu hören; was man da an Temperament, Ausdrucksbesessenheit und vollstem persönlichen Einsatz erleben durfte, bewies, daß diese Musiker einfach alles spielen können. Am Trio in C-Dur, op 87, von Johannes Brahms, wurde diese gewonnene Überzeugung bestätigt: Menahem Pressler (Klavier), Isidore Cohen (Violine) und Berard Greenhouse (Cello) bilden ein Trio, wie es nicht seinesgleichen hat. Herbert Müller

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