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Begegnungen

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Die Musici di Roma, Wiener Publikumslieblinge von alters her, präsentierten sich diesmal im Mozart-Saal unter neuer Führung: Salvatore Akkardo spielt seine Stradivari mit Virtuosität und scheinbar mühelos, denn sonst könnte er es sich nicht leisten, an einem Abend dreimal Solist zu sein: in Vivaldis Konzert für zwei Violinen, a-Moll, mit Anna Cotogni, im Bacfischen Doppelkonzert mit Luciano Vicari und außerdem noch im E-Dur-Konzert des deutschen Großmeisters. Am schönsten spielen die Römer ihren Vivaldi. (Das Concerto grosso op. III/ll und das Konzert für zwei Celli mit Mario Centurione und Francesco Strano seien hier nicht vergessen!) Freilich, so plakativ-vordergründig wurde dann leider auch Bach gespielt, was bei aller stilistischen Verwandtschaft doch nicht gerechtfertigt ist.

Unsere Instrumentisten werden immer besser! Diesmal bescherten sie ihren Freunden im Palais Schwarzenberg ein reines Beethoven-Programm, zu ihren schönen alten Instrumenten gesellte sich ein Hammerklavier, dessen zarter, „sättigen““ Klang trefflich in den Kuppelsaal Lukas von Hildebrandts und Fischer von Erlachs paßte. Die Akustik nimmt es dort nicht peinlich genau, aber läßt ein gelöstes Kammermusizieren zu, was nicht zuletzt vier Schottische Lieder (eine Gelegenheitsarbeit nach englischen Texten und teilweise auch Melodien) von Jane Gärtner bewiesen. Georg Sum-pik spielte auch ohne eine jetzt sogar schon auf alten Meisterinstrumenten angepappten Schulterstütze die zweite Violinsonate sicher und schön, das erste Klaviertrio und das erste Streichquartett vertieften noch die Freude an diesem genußreichen Konzert.

Ein (allerdings nicht mehr im Ausland) neues Ensemble debütierte im Mozart-Saal: das Wiener Flötentrio spielte Musik für Flöte, Klavier und Cello von Haydn (Trio G-Dur), Philippe Gaubert (* 1941), Kuhlau (Trio G-Dur) und Martinu. — Wolfgang Schulz führte dabei seine Virtuosität ins Treffen, Helmut Deutsch beachtliche Kapellmeisterqualitäten und Heidi Lttschawer ein exzeptionell elastisches Handgelenk. Man wird die weitere Entwickjung dieses interessanten Klangkörpers gerne weiterverfolgen.

Im Schubert-Haus kündigte sich eine neue große Liedsängerin an:

Edita Gruberova, Liebling unserer Oper, sang, souverän begleitet von Harald Goertz, Schubert-Lieder aus dem ersten Band der neuen Gesamtausgabe, und als besonders reizvoll empfand man die Idee von Professor Rapf, dabei die seinerzeit von Schubert selbst vorgenommene Reihung beizubehalten. Dabei verriet zwar der Beginn mit Goethe (Rastlose Liebe, Nähe des Geliebten, Der König in Thüle und andere), daß die slowakische Nachtigall noch nicht zum einfachen Liedton gefunden bat, vieles noch zu schwer, zu bedeutsam formuliert und überfrachtet, aber wo das Tragische und das Dramatische der Opemsängerin entgegenkommen, ereignete sich bereits ganz tiefe, ja ergreifende Kunst (Der' Jüngling auf dem Hügel).

Der polnische Dirigent Jerzy Semkov hat alles, was ein erfolgreicher Dirigent braucht: Temperament, blendendes Aussehen, einen lockeren und eleganten Schlag, deutliche Zeichengebung und eine spürbar starke persönliche Ausstrah-jung. Im Musikverein hatte er noch etwas: ein ausgezeichnetes Orchester, denn das ORF-Symphonieorchester spielte in Festtagsstimmung. Zum Anfang gab es beinahe eine Novität, nämlich das nie zu hörende „Stabat Mater“ aus dem Jahr 1926 von Karol Szymanowski, eine prachtvoll klingende Musik, die typisch slawische Züge mit spürbaren Affinitäten zu Strawinsky und einem gekonnt ausgeprägten Sakralstil verbindet, leider aber zu wenig Kontraste bietet; das hätte der große Russe anders angepackt als sein frühverstorbener polnischer Zeitgenosse! Teresa Zylis-Gara sang wie ein Engel; auch die weiteren Gesangssolisten (Unnl Rugvedt und Robert Kerns) sowie der Organist Rudolf Scholz verdienen Lob. — Klarheit und der Witz klanglicher Härten zeichnete Strawinskys „Jeu de Cartes“ aus, und wie Semkov am Beginn von Tschaikowskys „Romeo und Julia“ die „Lichter andrehte“, das war ein echtes Erlebnis!

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