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Das Kino bebt...
Seit dem Aufkommen des Cinemascope oder des 3-D-Films gab es keine spektakulärere und größere technische Erfindung, allerdings auch keine kostspieligere, kompliziertere und überflüssigere (doch hüte man sich, bei der Technik Prophezeiungen zu machen: wie oft wurden da Propheten schon Lügen gestraft!): das „Sensurround“-Verfahren, eine Verbindung der Worte „Sense“ (Empfinden, Sinn) und „Surround“ (umgeben); in der Praxis bedeutet dies, daß Schallwellen erzeugt werden, die unterhalb der menschlichen Hörgrenze liegen, wodurch die Illusion des „Zitterns“ und „Bebens“ um einen entsteht...
Und wo soll der Zuschauer zum (physischen) Zittern und Mitbeben gebracht werden? Natürlich bei einem „Erdbeben“ — und so heißt auch der neueste Katastrophenfilm von Mark Robson, der wie „Flammendes Inferno“ oder „Giganten am Himmel“ dem Publikum das wohlige Gruseln beibringen soll. Eindrucksvoller geht's wohl nimmer: auf der farbigen Supergroßleinwand stürzen Wolkenkratzer ein, reißt die Erde auf und ein gigantischer Staudamm bricht, dazu kracht, brüllt und orgelt es und, Höhepunkt der Sensation, man bekommt im Kinosessel (selbstverständlich sicher geborgen) den Eindruck, als würde der Boden zittern und die Wände wackeln... Keine Angst und Sorge, nichts zittert wirklich, man bildet sich das nur ein — nichts als Illusion, Trick, (fauler) Zauber... Es ist so, als ob man im Prater auf der Geisterbahn fahren würde — und damit nähert sich das Kino wieder der Ära und kehrt dorthin zurück, wo die lebenden Bilder ihren Ausgang genommen haben: in die Jahrmarktbude... Kunst wird durch Illusion, durch Sensation ersetzt — weit haben wir es gebracht!
Was den Film selbst betrifft, der mit der genreüblichen Staranhäufung garniert ist (Charlton Heston, Ava Gardner, George Kennedy, Lorna Greene, Richard Roundtree usw.), so ist er qualitativ keineswegs besser oder schlechter als die genannten Vorgänger, bietet an Sensationen noch mehr und hat wenigstens den Vorteil, kürzer, daher kurzweiliger zu sein (zumindest in der deutschen Fassung ist er wohltuend geschnitten). Und eine Gefahr ist wohl kaum bei dem neuen technischen Trick dabei — doch das ist Sache der Mediziner, nicht des Kritikers. Jedenfalls braucht niemand Angst zu haben, die
Wirkung ist viel harmloser, als man es sich auf Grund der Reklame vorstellt und erwartet. Wer also Pra-terillusionen im Kino genießen will, sehe sich „Erdbeben“ an ...
Wer bedeutende Filme sehen will, versäume auch an diesem Wochenende die Ausstellung und Retrospektive „Meister der Regie“ im Alten Schloß in Laxenburg nicht, die abermals Filme von Otto Preminger zeigt; und zwar am Freitag, 12. September um 16.30 Uhr „D e r K a r d in a 1“ (nach dem Roman von Henry Morton Robinson), am Samstag, 13. um 14.30 und 17 Uhr die Verfilmung von Gershwins Negeroper „Porgy a n d B e s s“ (in englischer Originalfassung) und am Sonntag, 14. September um 14.30 Uhr die großartige modernisierte Bizet-Version „C a r-m e n Jones“ und um 16.30 Uhr „So gute Freund e“. Zweifellos weniger Spektakel, aber doch filmkünstlerisch bedeutender...
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