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DAS LANDLE WILL KEINE DROGEN-HOCHBURG WERDEN

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Das Drogenproblem macht auch vor Vorarlberg nicht halt. Sowohl die Zahl der Todesfälle wie die Mengen beschlagnahmter Suchtgifte zeigen statistisch nach oben. Der Zürcher Platzspitz und die Angst vor einer offenen Szene sind auch hier ein Thema. Patentlösung gibt es keine - die Hoffnungen liegen in der Qualifikation der Berater und Betreuer.

Das im Dreiländereck zwischen Deutschland, der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein gelegene Land vor dem Arlberg genießt nicht nur die wirtschaftspolitischen und kulturellen Vorteile dieser Region. Als Grenzland wird es zunehmend auch mit den Schattenseiten seiner geographischen Lage konfrontiert. Durch die Nähe zu den Städten Zürich und St. Gallen, die sich in den letzten Jahren zu Hochburgen der Drogensucht entwickelt haben, ist Vorarlberg immer mehr zu einem Vorort für Konsumenten und Dealer geworden.

Die zunehmende Verelendung der Süchtigen und die mangelnde Beratung und Betreuung von suchtgefährdeten Personen ließ vor einem Jahr die Idee einer Ausbildung für Suchtberater entstehen, die heute bereits Realität ist. 23 Teilnehmer/innen aus verschiedenen Bundesländern sowie dem benachbarten Ausland besuchen derzeit den ersten universitären Lehrgang für Suchtberatung, der in Schloß Hofen, dem Vorarlberger Zentrum für Wissenschaft und Weiterbildung angeboten wird.

Wie uns die Medien täglich berichten, steigt die Zahl der Abhängigen im ganzen Bundegebiet sprunghaft an. Drogen sind zu einem zentralen Problem unserer Zeit geworden. Neben der traditionellen Droge Alkohol überfluten klassische Rauschgifte (Kokain, Heroin...) und synthetische Suchtmittel (Crack, Speed ...) in nie erahntem Ausmaß zu immer niedrigeren Preisen den Suchtmarkt. Perfekt organisierte kriminelle Organisationen sorgen für eine umfassende Verbreitung, an deren Ende der Süchtige steht.

Parallel zum ständig steigenden Markt warten immer mehr Behandlungsbedürftige vergebens auf eine entsprechende fachliche Betreuung. Da die traditionellen Quellenberufe (Ärzte, Sozialarbeiter) den wachsenden Bedarf an qualifizierten Suchtberatern und -therapeuten nicht mehr decken können, wurde mit dieser

Ausbildung ein neuer Weg beschritten. In Zusammenarbeit mit dem neugegründeten Vorarlberger Forschungsinstitut für Suchtprophylaxe der Universität Innsbruck am Krankenhaus Maria Ebene konnte ein Ausbildungscurriculum entwickelt werden, das auf den Grundsätzen Internationalität, Wissenschaftlichkeit und Praxisorientierung aufbaut und zum akademisch geprüften Suchtberater führen soll.

„Der neue Lehrgang will jedoch nicht nur die personelle Lücke schließen", stellt Primarius Reinhard Haller, einer der Leiter des Lehrganges fest. „Es sollen auch neue Akzente gesetzt und praxisorientiert wissenschaftliche Kenntnisse über das Be-dingungsgefüge von Alkohol-, Drogen- und Medikamentensucht sowie die Erscheinungsformen von Mißbrauch und Abhängigkeit vermittelt werden." Somit sind die Vorgaben der viersemestrigen Ausbildung klar festgelegt. Neben soziologischem, psychologischem und medizinischem Grundlagenwissen sollen sich die Teilnehmer auch das nötige psychotherapeutische Rüstzeug für den Umgang mit abhängig gewordenen Menschen aneignen. Selbsterfahrungseinheiten und eine permanente Supervision bieten eine Rückkoppe-lung zur eigenen Praxis und ergänzen das Lehrangebot.

□ Wer kann aufgenommen werden? Der universitäre Lehrgang für Suchtberatung, der als berufsbegleitende Weiterbildung konzipiert wurde, will vor allem Personen ansprechen, die bereits eine pädagogisch/psychologische, medizinische oder therapeutische Grundausbildung besitzen und sich in der Suchtarbert spezialisieren wollen. Daneben eröffnen aber auch mehrere Jahre praktische Erfahrung in der sozialen Arbeit den Zugang zum Lehrgang.

□ Die praktische Ausbildung: Um Theorie und Praxis in sinnvoller Weise miteinander zu verbinden, arbeiten die Teilnehmer parallel zum Lehrgang in Einrichtungen der Sucht- beziehungsweise Schul- und Erziehungsberatung, auf psychiatrischen Abteilungen, ambulanten Betreuungsdiensten oder niederschwelligen Therapieangeboten. Während der Ausbildung ist zudem ein dreiwöchiges Praktikum vorgesehen, das an einer einschlägigen Institution absolviert werden muß. Eine Projektarbeit (Abschlußarbeit) am Ende des vierten Semesters sowie Exkursionen in Beratungs- und Therapieeinrichtungen in Österreich und dem benachbarten Ausland ergänzen den praktischen Teil der Ausbildung.

Nähere Informationen: Schloß Hofen, Zentrum für Wissenschaft und Weiterbildung, Abt. Gesundheit und Soziales, A-6911 Lochau, Hoferstra-ße 26, Tel. 05574/4930-14.

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