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Von der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen, hielt der Club of Rome kürzlich in Wien eine Expertensitzung zu Fragen des Lernens ab. „Lernen“ wird Gegenstand des nächsten Berichts des Club of Rome sein. Das Ziel der Wiener Sitzung war, Experten von Weltrang mit den geplanten Aussagen des Berichtes zu konfrontieren. Im Mittelpunkt steht das Phänomen des „gesellschaftlichen Lernens“, womit der Lernprozeß von Gruppen und Institutionen gemeint ist. Während bisher nur individualpsychische Lernvorgänge wissenschaftlich untersucht wurden, hält der Club of Rome zur Lösung der Zukunftsprobleme Gesamtlernvorgänge für sehr wesentlich.

Der Präsident des Club of Rome, Dr. Aurelio Peccei, auf die Frage, warum sich die Arbeit des Club of Rome auf das Projekt „Lernen“ konzentriert: „Am Beginn unserer Arbeit vor zehn Jahren stand die Frage: was geht eigentlich in der Welt vor? Wir erkannten, daß innerhalb unseres sehr komplexen Weltsystems mit immer mehr alles beherrschenden Technologien eigentlich keine Lösung für unsere globalen menschlichen Probleme gefunden werden kann. Heute sind wir davon überzeugt, daß es ein sehr wesentlicher Lernprozeß ist, daß die Menschen selbst beginnen, über die Grenzen unseres Daseins nachzudenken, und daß wir für die Probleme unseres technologischen Zeitalters eigentlich ganz neue Lösungen finden müssen. Während in den letzten zehn Jahren die Schwierigkeiten zunahmen und wir, uns, insgesamt gesehen, auf einem absteigenden Weg befinden, gibt es dennoch ein allgemeines Bewußtsein, daß etwas getan werden muß. Es fehlt aber ein Ziel, und das kann heute weder die UNO noch die Kirche noch die Wissenschaft bieten.

"Dieses allgemeine Bewußtsein artikuliert sich unter der Oberfläche der gesellschaftlichen Aktoren; es entstehen Gruppen, die mehr oder weniger spontan agieren. Genauso wie der menschliche Organismus auf Krankheit mit der Bildung von Antikörpern reagiert, sehe ich in der Ökologiebewegung, den Unabhängigkeit - und Freiheitsbewegungen oder den Konsumentenschützern Abwehrreaktionen des sozialen Organismus. Diese sozialen Antikörper werden durch den Erkrankungsprozeß unserer Gesellschaft aktiviert, ihre Tätigkeit ist allerdings noch unkoordiniert.“

Neben den Fragen des „gesellschaftlichen Lernens“ wurden auf der Sitzung Bildungsprobleme der Dritten Welt diskutiert. Es wurde festgestellt, daß die Bildungsmöglichkeiten in den Entwicklungsländern nicht nur unterschätzt, sondern durch den Export von Bildung aus den Industriestaaten sogar verschüttet oder behindert worden sind. Dieser Bildungsexport müsse als System kritisiert und einer tiefgreifenden Veränderung unterworfen werden.

Dr. Peccei kritisierte auch die Erziehungssysteme der westlichen Welt: „Die traditionelle Erziehung will die Gesellschaft, deren Element sie ja ist, erhalten. Sie verlangsamt infolgedessen den Fortschritt im Sinne einer auf die globalen Weltprobleme ausgerichteten Bildung. Sie darf auch nicht auf die Schule beschränkt sein, genausowenig wie es mit dem Vermitteln von intellektuellem Wissen getan ist. Wir müssen die Erziehung auch nach der Schule fortsetzen, und sie muß über das intellektuelle Wissen hinausgehen. Erste Ansätze zeigen sich bereits in den nordischen Ländern bei der Erwachsenenweiterbildung.“

Für den Club of Rome muß nicht nur das individuelle Lernen grundlegend erweitert werden, sondern die nationalen Gruppen und Organisationen müssen ihren Blickwinkel erweitern: Die heutigen Weltprobleme sind von einer globalen Perspektive aus zu betrachten. Bevölkerungswachstum, die Vorräte an Energie und Bodenschätzen, Fragen der Nahrungsversorgung oder der Umweltverschmutzung betreffen das „Raumschiff Erde“ als Ganzes. Die Menschheit muß lernen, mit globalen Strategien Lösungen für die Weltprobleme zu finden.

Zu diesem notwendigen Lernprozeß will der Club of Rome einen Beitrag liefern. Die Veröffentlichung des Berichts ist für nächstes Jahr in Salzburg geplant. Robert Maxwell, der Direktor des Verlagshauses Pergamon Press in Oxford, wird - ein weiteres Ergebnis der Wiener Tagung - ein Jahrbuch „Learning“ herausgeben, das als gemeinsames Publikationsforum für alle Disziplinen, die sich mit Fragen des Lernens und der Lernprozesse befassen, gedacht ist. Hiermit soll die interdisziplinäre Zusammenarbeit der einzelnen Gruppen in die Wege geleitet werden.

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