7007418-1987_47_10.jpg
Digital In Arbeit

Die Ewos und der Sprachverfall

Werbung
Werbung
Werbung

Wer meint, mit der Information über Ewos etwas über afrikanische Stämme zu erfahren, der irrt. Es handelt sich schlicht um Abkürzungen, wie sie sich seit mehr als einem halben Jahrhundert wachsender Beliebtheit erfreuen.

Der Schupowar schon im Berlin der zwanziger Jahre ein sozusagen verkürzter Schutzpolizist. Der Ufo allemal ein Unteroffizier. Im sogenannten tausendjährigen Reich trieb der Abkürzungswahn Blüten, mit denen man — lassen wir es.

Gelassen aber hat man es nicht.

Man kürzt weiter und kommt zu Ergebnissen, die den Anlaß zu diesen Betrachtungen in der Nachsaison geben sollten.

Denn warum sollte man nicht in der Nachsaison verreisen? Der Betrieb - jeder — läuft jedenfalls ruhiger, die Preise sind niedriger, und das Wetter stört nicht, sobald man weiß, was auf einen zukommt.

In der Nachsaison hat man auch mehr Zeit und Muße, zuzuhören und über das Gehörte nachzudenken. Denn auch im Hotelgewerbe tauscht man um diese Zeit Erfahrungen über die Saison aus: über den Hochbetrieb.

Da kann man lernen.

Ich kann beschwören, die Worte Ewos, Exwos und Ufs bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal gehört zu haben. Was also hat es auf sich mit ihnen?

Ganz einfach: die Ewos, das sind die Erlebnis-Wochenenden, die Exwos die Exklusiv-Wochenenden und die Ufs die Ubernach,-tungen mit Frühstück.

Dies bedarf wohl einiger Erläuterungen, denn was ist denn wirklieh ein Ewo, ein Exwo und eine Uf? Gemach!

Den Ewo-Teilnehmern — denn meistens sind es zwei, und wo es nur einer ist, macht das Ewo es zu 99,9 Prozent möglich, daß der Traumpartner sich (laut Prospekt) findet—wird ein Erlebnis-Wochenende zugesichert. Das heißt, er kommt nicht zur Besinnung, denn das Wochenende ist randvoll bepackt mit Erlebnissen: Frühschoppen, Frühgymnastik, (auch in umgekehrter Reihenfolge), geführte Wanderungen, Dia-Vorträge, Kegeln, Schwimmbad und Sauna — vom Erlebnis des gigantischen Frühstücksbuffets ganz zu schweigen.

Das alles nach einer durchtanzten Nacht zu den Klängen der Hausband.

Wer da nichts erlebt, ist selber schuld.

Und die Exwos? Das ist eine Klasse höher, toller und natürlich auch teurer.

Es handelt sich um ein Exklu-siv-Wochenende. Das Programm ist dem der Ewos ähnlich, aber wer ein Exwo bucht, hat zusätzlich Anspruch auf ein Candle-hght-dinner.

Uber die Ufs ist nicht viel zu sagen. Sie entsprechen dem eher geringschätzigen Tonfall, in dem man sie erwähnt. Auch deshalb, weü sie dafür bekannt sind, daß die Gäste das gigantische Früh-stücksbuffet radikal abräumen und sich, so man nicht mit scharfen Augen darüber wacht, für den Tag noch reichlich mitversorgen.

Es sind die Ubernachtungen mit Frühstück. Wer nur übernachtet und frühstückt, dürfe kaum etwas erleben.

So weit so gut.

Die Statistiken zeigen eine in die Höhe schnellende Kurve der Ewos und Exwos, auch der Ufs.Demnach hält die Werbung, was sie verspricht. Uber die Art und Weise der Erlebnisse gibt, sie allerdings keinerlei Auskunft.

Wenn man einmal bei einem Thema wie dem der Abkürzungen ist, stellt sich eine Art Magneteffekt ein: immer mehr Abkürzungen fallen einem zu, denn die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt.

Wie wäre es mit einer Bewa (Bergwanderung) oder einer Sera (Segelregatta)? Oder, um auch einmal in den kulturellen Bereich auszuschweifen, mit einem Opa (Opernabend) oder Thea (Theaterabend)? So albern ist das gar nicht. Schließlich haben wir in Osterreich den Kuku und sind zu Recht stolz darauf. Keinen Kuk-kuck - den haben wir auch, den im Mai/ Juni.

Der Kuku indessen, das ist das Kultur-Kustodiat an Mittelschulen, also eine Einrichtung, die Kultur an Mittelschulen vermittelt. (Eine Autorenlesung beispielsweise.)

Bliebe noch darüber nachzudenken, welche Ursachen der Abkürzungswahn eigentlich hat.

Zeima — höchstwahrscheinlich. * (Zeitmangel.) Oder Sprachschla. (Sprachschlamperei.)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung