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Die Probleme mit den Orthodoxen

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Bevor Orthodoxe, Altorientalen und Katholiken weiter über die Einheit der Kirche sprechen, veranstaltete „Pro Oriente“ ein ökumenisches Symposion, in dem der Metropolit von Myra, Chrisostomos Konstanti- nides, die Probleme zwischen den nichtchalzedonischen Kirchen und der Orthodoxie erläuterte.

Die Altorientalen, die sich 451 von der Kirche getrennt haben, erkennen das Konzil von Chalkedon nicht an, während die Orthodoxen sich voll und ganz zu diesem Konzil bekennen; sie trennten sich erst 1054 von der katholischen Kirche. Seit Januar 1965 führen die Altorientalen und die Orthodoxen Gespräche über die Glaubensübereinstimmung.

Wenn auch ihre jahrhundertelange Trennung manche „Thesen“ erstär- ren ließ, so dürfe man nicht in den Fehler verfallen, die Geschichte ausdiskutieren zu wollen, und die Streitigkeiten der Väter zu wiederholen, meinte der Metropolit. „Wir müssen über unseren heutigen Glauben sprechen.“

Bei genauer Prüfung kamen die Kirchen zu dem Schluß, daß sie sich auf dem gemeinsamen festen Boden der Lehre von der Christologie treffen können. Diesem Beschluß stimmen die orthodoxen Theologen allerdings nur mit Vorbehalt zu. Trotz der Trennung von 15 Jahrhunderten gibt es hier eine tiefe Übereinstimmung mit der katholischen Überlieferung. Dies wurde 1973 in Penteli und 1975 in Addis Abeba festgestellt.

Auf diese Weise ist eine breite gemeinsame theologische Grundlage geschaffen worden, die sich auch auf die Strukturen der Kirchen erstreckt, wie etwa die Auffassung über die geweihte Priesterschaft, das Bischofsamt und die apostolische Sukzession, die Kollegialität (Synodalität), die Sakramente. Der koptische Patriarch Shenouda hat 1971 die neue Formulierung gefunden, die die Basis für eine Verständigung mit der katholischen Kirche darstellt.

Trotz dieser prinzipiellen Annäherung zwischen den Orthodoxen und den Altorientalen bestehen noch gegensätzliche Auffassungen über die ökumenischen Konzilien. Die Altorientalen erkennen nur die ersten drei an und halten die vier folgenden nicht mehr für verbindlich. Eine ähnliche Schwierigkeit besteht auch zwischen den Orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche, da die Orthodoxie die Konzilien des Westens nicht anerkennen will.

Altorientalische und römisch-katholische Theologen haben sich 1971 in Wien darauf geeinigt, daß für künftige Dialoge nicht Konzilsbeschlüsse, sondern die apostolische Überlieferung selbst, wie sie im Niceanisch- konstantinopolischen Glaubensbekenntnis ausgedrückt ist, ausschlaggebend sein soll. Die nachfolgenden Konzile werden als spätere Auslegung der christologischen Wahrheit angesehen.

Die schwersten Probleme liegen in der Auffassung über die Kollegialität der Bischöfe und der traditionellen Landesautonomie. Bei den Altorientalen wird die Souveränität durch den Patriarchen oder Katholikos ausgeübt, dessen Amt aber kein theologischer Bestandteil ist. Der Metropolit wiederholte, was Shenouda III. vor der panorthodoxen Kommission verkündet hatte: „Wir wünschen die Einheit im Glauben und nicht in der Administration!“

Die größten Schwierigkeiten liegen in der Jurisdiktion. So bringen die Vertreter der altorientalischen Kirchen bei den Beratungen immer wieder das Problem der fremden Bischöfe in ihrem Gebiet zur Sprache. Sie sind ihnen ein Ärgernis, besonders die mit der katholischen Kirche unierten, denn die Altorientalen wollen keinesfalls als Missionsgebiet betrachtet werden.

Zum Schluß forderte der Metropolit, alle Anstrengungen zu unternehmen, um sich aus den Netzen der Vergangenheit zu befreien. Wenn Orthodoxe und Altorientalen von Einheit sprechen, so müsse dabei immer der heute geltende Pluralismus bewahrt werden, der die Merkmale der Glaubensidentität sowie der Vielfalt und auch der Verschiedenheit auf-

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