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Elisabeth Orth: Nur so am Rande

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Seit ein paar Tagen bin ich also Kammerschauspielerin. Korrekt: Frau Kammerschauspieler. Neben den Kollegen Alfred Balthoff und Norbert Kappen wurde ich es an einem von Trauer überschatteten Vorfrühlingsnachmittag im Unterrichtsministerium.

Am Morgen dieses Vorfrühlingstages starb mein Onkel Paul Hörbiger im Lainzer Krankenhaus. Schlief ein und wachte nicht mehr auf. Vor ungefähr zehn Jahren gratulierte ich ihm im sei-

ben Saal des Hauses am Minoriten- platz zu seinem Kammerschauspieler.

Er hat damals eine launige, berührende Dankesrede gehalten. Wir haben gelacht und uns mit ihm gefreut. Er hatte längst den großen, aussterbenden und von keiner offiziellen Stelle verliehenen Titel „Volksschauspieler“ inne.

Als Minister Sinowatz die kurze Ordens- und Titelverleihungszeremonie mit einer Schweigeminute für ihn einleitete, wußten wir Schauspieler des Burgtheaters uns wieder einmal um einen Großen ärmer.

Ans Publikum, das ja bei solchen Zeremonien meist nicht anwesend sein kann, richtet sich meine Bitte, ausgesprochen im Anschluß an die Verleihung der Ehrenkreuze und Titel durch den Unterrichtsminister in Vertretung des Bundespräsidenten und das ist auch der Grund, warum ich sie nicht ausschließlich im privaten Erinnerungsalbum vergilben lassen möchte. Wäre zu erreichen, daß ihr Inhalt nicht ganz ins Leere geht, ließe diese Tatsache für uns jeden noch so strahlenden Orden verblassen:

„Herr Vizekanzler, meine Damen und Herren, liebe Gäste dieses Festes der Auszeichnungen, sehr liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Ehre, die Aufregung und das Vergnügen, mich im Namen meiner Kollegen für die uns verliehenen Auszeichnungen zu bedanken. Ohne die ganz persönlichen Gefühle, die jeder der Geehrten seiner Ehrung gegenüber hat, berühren zu wollen, behaupte ich hier ganz einfach von jedem, daß er sich über sie freut.

Wir danken also mit Freude und dem Versprechen, auch als Ausgezeichnete weiterhin ausgezeichnet Theater zu spielen.

Der Satz vom Mimen, dem die Nachwelt keine Kränze flicht, ist hinlänglich bekannt. Ich weiß gar nicht, ob ich mir von dieser Nachwelt überhaupt einen Kranz wünschen soll, sie wird sich ohnehin schwertun, nicht nur mit dem Kränzeflechten.. Aber die Mitwelt sollte sich nicht auf die Nachwelt ausreden dürfen und kapn ruhig schon mit dem Flechten beginnen.

Diese Mitwelt wäre unser Publikum, unser österreichweites, das sich uns leistet und das wir uns leisten. An dieses hätten wir eine Einladung auszusprechen: Zeichnen Sie uns auch aus! Wir können nicht genug davon bekommen!

Ich wünsche mir von Ihnen für uns das Verdienstkreuz allererster Klasse für die allabendliche Vermittlung der MöglichkeitdesMit-und Nachdenkens, das Große Ehrenzeichen zum Dank für die Erhaltung und Pflege Ihrer Phantasie und jede verfügbare Medaille für die Mühe, die es uns kostet, Ihre Seelen zu unterhalten.

Leisten Sie sich den Luxus der brennenden Neugier auf unsere Arbeit und das Burgtheater, unser teures Ringstraßenpalais, würde zur Stätte der Begegnung, von der wir träumen und ohne die Sie nicht mehr auskommen könnten. Ich danke Ihnen.“

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