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Entmannfrauung

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Die Gleichberechtigung macht Fortschritte. Oder Reformen. Wobei nicht nur in Österreich derzeit solche gefragt sind, die wenig oder gar nichts kosten, denn die Kassen sind so leer, daß an eine Angleichung der Frauenlöhne an die der Männer gar nicht zu denken ist/Auch wenn die statistischen Vergleiche auf einigen Beinen hinken. Beim Zahlen sind wir keine Kavaliere, meine Herren! Dohnalwetter, noch einmal!

Aber es gibt ja erfreulicherweise Nebenkriegsschauplätze, auf denen sich prächtig agieren läßt. Küß die Hand, gnädiger Herr,bleiben Sie sitzen, entfalten Sie den Mantel der Dame nicht, lächeln Sie konziliant feministenfreundlich - und schon haben Sie Ihren Beitrag zur Gleichberechtigung geleistet.

Sie können sich aber auch aufs Gebiet der Sprache begeben, unseres mächtigsten Bewußtseinsinstrumentes — und Sie werden sehen, wie leicht und billig auch hier Gleichberechtigung herzustellen ist. Aus allzu konventionellem Respekt vor Hugo von Hofmannsthal scheuen Sie sich vielleicht den Jedermann in eine Jederfrau umzudichten, welche von einer Tödin geholt wird, worauf sich eine Teufelin in die höllische Küche verzieht. Dieses Spektakel, meinen Sie, sei ohnehin elitär, so wie die Rosenkavalierin und der Mann ohne Schatten.

Sie haben recht. Auf die Umgangssprache kommt es an. Und hier bietet sich im Kampf gegen das unbestimmte Personalpronomen tatsächlich eine großartige Möglichkeit an, souveräne Gleichberechtigung zu demonstrieren. Man sagt nicht mehr man. Man/frau sagt man/frau.

Man/frau hat dafür selbstverständlich eine Erklärung, die weit in jenes finstere Mittelalter zurückgeht, in dem düstere Patriarchen ausbeuterisch über ihre Bettsklavinnen herrschten. In jener schlechten alten Zeit, in der es weder Minnesängerinnen noch Geschichtsschreiberinnen gab, weil die Männer ihre Privilegien in brutaler Breite genossen, entwickelte sich allmählich das indefinite Personalpronom.

Und da eben Sprache und Herrschaft eng zusammenhängen, entwickelte sich die Abstraktion — wie denn sonst — aus dem Begriff des alleinseligmachenden Mannes. Fortan herrschte mit dem Wort nicht nur er, sondern auch noch sein sprachlicher Schatten. Denn wer das Wort hat, hat die Macht. Der Mann wurde der Mensch schlechthin. Und auch wenn die Frauen kochten und die Suppe würzten, hieß es seither „man nehme...!", wodurch die Männer in ganz besonders raffinierter Weise die letzten weiblichen Domänen besetzten.

Wenn's nicht wahr ist, so könnte es doch wahr sein. Daß es wahr sein könnte, suggeriert uns erst die Gegenwart. Am indefiniten Personalpronomen scheiden sich nunmehr die Geister pro und kontra Emanzipation.

Dieses „man/f rau" ist gewissermaßen die Kennmelodie des frauenfreundlichen Fortschritts.

Man/frau erleichtert und verschönert das Leben genauso wie einst das unpersönliche „man". Die Verantwortung, die man/frau damit nicht zu tragen hat, wird noch leichter.

Was trägt man/frau in diesem Frühjahr? Oh, das weiß man/frau nicht. Man/frau liest wohl keine Zeitung? Wie kann man/frau nur so uninformiert sein? Was man/ frau hat, das hat man/frau! Und so weiter.

Man/frau vergesse aber nicht auf die daraus resultierenden sprachlichen Weiterentwicklungen. Merke: Uberall wo Mann steht, wird jetzt mit Schrägstrich Frau beigefügt. Selbstverständlich auch umgekehrt. Man/frau muß wissen, was sich gehört und was Frauen/Männer wünschen.

Sieht man/frau sich doch vielleicht heuer beim Jedermann/Jederfrau? In unseren Kreisen, wissen Sie, geht man/frau nicht mehr hin. Man/frau geht zum Frauen/ Männerfest,' liest die Frauen/ Männerillustrierte, in welcher berichtet wird, daß jüngst ein Unhold sein Opfer entmannt/fraut hat.

Wie kann man/frau nur! So was sagt man/frau doch nicht! Sie abscheuliches Manns/Fraubild!

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