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Fast 20 Jahre „Wiener Amateurtheater”

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Jeden Freitagabend kommen sie zusammen, knapp vor Aufführungen auch öfter: zwei Pensionisten, eine Malerin, ein Koch, ein Maturant, eine Angestellte in einem Modeschmuckbetrieb, ein Mitbesitzer einer Reparaturwerkstätte, ein kaufmännischer Angestellter, eine Sozialarbeiterin, ein Versicherungsangestellter und drei Mitarbeiter einer amerikanischen Chemiefirma. Sie bilden den Stamm des „Wiener Amateurtheaters”.

Treffpunkt ist das eigene Hauptquartier in der Laudongasse 5 (1080 Wien), wo man ein kleines Büro, einen Klub- und einen Probenraum besitzt. Die Plakate an den Wänden verraten die Linie des 1958 von Fritz Allmayer - heute Leiter der „Vivarium-Bühne” - als Verein gegründeten Ensembles. Stücktitel wie „Boeing-Boeing” von Marc Camoletti, „Kammeijungfer” von Jaques Deval, „Endspiel im Do- phin” von J. B. Priestley oder „Erbschaft mit Hindernissen” von Albert Pulmann weisen auf das erklärte Vorbild „Kammerspiele” hin. Allerdings hat man viele der aufgeführten seichten bis gehobenen Unterhaltungsstücke schon vor den Berufsbühnen gespielt.

Bei den Proben führt Pensionist Anton Kukowitz, in allen Belangen eifrig unterstützt von seiner Frau Margarete, ein strenges Regiment, zeigt aber auch viel Geduld, wenn er manche Szene immer wieder vorspielt, bis sie zu seiner Zufriedenheit gelingt. Er stellt nie sich selbst oder die Schauspieler, sondern immer die Intentionen des Autors in den Vordergrund.

Doch inszenierte er die letzte Premiere, die Farce „Einmal hin - einmal her” von Ray Cooney und John Chapman, als sei es eine Generalprobe, und konnte sich folglich die Freiheit nehmen, gelegentlich aus dem Souffleurkasten in das Spiel einzugreifen. So konnten auch allfällige - ohnehin kaum vorhandene - Schwächen überbrückt und der Beweis erbracht werden, daß auch von Laien moderne Komödien, die bekanntlich besonders schwer zu spielen sind, ohne Peinlichkeit dargestellt werden können.

Da spielte etwa Peter Saar, relativ spät eingesprungener Heimkehrer aus dem Ausland, wie ein routinierter Boulevardtheaterhase, obwohl er seit zarter Kindheit keine Bühne mehr betreten hatte. Da boten auch die anderen Herren, nämlich Franz Grabner, Alfred Snizek und besonders Herbert Harold (als Heribert Gruber Schriftführer des von Anton Kukowitz geleiteten Vereins), recht ansprechende Leistungen. Und da brillierten vor allem die zeit- und teilweise leichtgeschürzten Damen Friederike Haas, Monika Steinkellner, Hilda Frank, Monika Miderla und Kathy Weidhofer, letztere gebürtige Irin, die mit grandiosem Schwyzerisch ihre bereits perfekte Beherrschung der deutschen Sprache demonstrierte.

Die Gruppe kann bereits auf rund 160 Vorstellungen zurückblicken. Leider sind in den letzten Jahren Gastspiele rar geworden, man begnügt sich mit einer Aufführung jeder Inszenierung im „Stammlokal”, dem Volksheim Heiligenstadt. Einige Ausstattungsstücke sind dort unter der Bühne gelagert, als Kostüm ist für die durchwegs modernen Stücke in der Regel Alltagskleidung ausreichend. Das kommt zwar billig, dafür sind für die Gegenwartsstücke stets Tantiemen zu bezahlen.

Das Motto der Gruppe, sich ganz in den Dienst der Unterhaltung des Publikums, meist bestehend aus dem eigenen Freundeskreis, zu stellen, hat ihr schon Schwierigkeiten bezüglich Subventionierung bereitet, da dafür eine gewisse Bildungsfunktion Voraussetzung ist. Manche der gespielten Stücke regen aber durchaus auch zum Nachdenken an, und die Leistung der Schauspieler ist bei einem seichten Stück oft sogar höher zu bewerten.

Für die nächste Premiere, „Eine etwas sonderbare Dame” von John Patrick, verspricht Margarete Kukowitz jedenfalls nicht nur Unterhaltung, sondern auch ein bißchen Tiefgang. Am 22. Oktober wird dazu im Volksheim Heiligenstadt der Vorhang aufgehen.

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