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Einladendes Angebot
Wenn in einer der letzten Nummern dieser Zeitung zu lesen stand, daß in Österreich nur mehr 15 Prozent der Männer zwischen 60 und 65 Jahren arbeiten, 85 Prozent bereits in Pension sind, in USA und England immerhin 50 Prozent voll im Beruf stehen, in Japan 75 Prozent, in Schweden 60 Prozent, in Deutschland noch 30 Prozent, dann ist jeder gezwungen, nachzudenken, warum dies wohl so ist.
Ganz banal ist dazu zu sagen, weil die Frühpension in Österreich besonders einladend angeboten wird.
Doch steckt noch anderes dahinter. Wer nämlich gern arbeitet; nimmt auch solche Angebote keineswegs an. Arbeitet der Österreicher also besonders ungern? Sind wir ein Volk der Hedoni-sten und Phäaken, um es nicht derber auszudrücken? Gewiß fehlt uns das protestantische Ethos der Schweizer und Nordeuropäer, von dem Max Weber Gutes zu berichten weiß. Aber wir vernachlässigen anscheinend die durchaus auch im Neuen Testament vorhandene Strenge, wo bekanntlich steht: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen” (1 Thessaloniker, 3,10), sowie alle jene Stellen, wo vom Menschen als dem Mitarbeiter Gottes die Rede ist, und erst recht die Regel des Heiligen Benedikt „Ora et labora”.
In Österreich hält man sich eher an die „Lilien auf dem Felde”, die allerdings auch verwelken, wenn sie nicht gegossen werden. Freude an der Arbeit muß wohl in Österreich in überwältigender Breite unbekannt sein.
Arbeit gilt hier ganz im Sinne der „Deutschen Ideologie” von Karl Marx als Strafe. Die alttestamentarische Vertreibung aus dem Paradies soll also wohl annulliert und das Paradies wiederhergestellt werden.
So kämpft die Gewerkschaft keineswegs erstrangig um die Verbesserung, die Humanisierung, die psychologische Aufhellung des Arbeitsplatzes, die Einbeziehung des einzelnen in die Orientierung auf den Sinn seiner Arbeit. Ihr Ziel ist bloß die Reduktion der Arbeit als Strafe und Optimierung des Lohnes, um die Strafe zu verringern. Des Österreichers Grundeinstellung geht bereits davon aus, daß Arbeit unangenehm ist.
Höre ich dazu den Aufschrei der Psychologen und Psychiater, der radikalen Soziologen? Ist nicht die Arbeit Freude, Hilfe, soziale Integration in die Gemeinschaft?
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