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Frieden verlangt Wahrheit

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Johan Galtung, Direktor des Friedensforschungsinstituts in Oslo, sprach kürzlich in Wien über Atomkrieg undRüstung.Der Informationsdienst der Katholischen Sozialakademie (KSÖ) veröffentlichte nun einen autorisierten Redetext. Dieser ist dermaßen irreführend, daß er nicht unwidersprochen bleiben darf. Es folgen (in Normalschrift) Originaltexte von Galtung und (in Kursiv) Kurzkommentare von Hubert Feichtlbauer dazu.

Nehmen wir an: ein Haus um Mitternacht, es ist dunkel, der Hausbesitzer schläft. Plötzlich hört er: im Haus bewegt sich etwas. Er hat einen Revolver und geht nachsehen. Er macht Licht und sieht: es ist ein Dieb, ebenfalls mit Revolver... Die Fragestellung ist: Wer wird zuerst schießen? Um das zu verstehen, ist es gut, nicht nur über Waffen nachzudenken, sondern über die Hauptvariable der ganzen Sache, die Verletzbarkeit. Nehmen wir ganz praktisch an: der Dieb hat eine Rüstung. Er ist also nicht so verletzbar. So wird der Hausbesitzer schießen, weil er weiß, daß er der Schwächste ist.

Schon diese bildhafte Argumentation ist völlig unlogisch. Warum schießt derjenige, der weniger auf einen Erfolg hoffen kann, statt dessen, der damit am sichersten rechnen kann?

Die Hauptthese ist daher: Es ist im Interesse der USA, daß ein Krieg nicht auf amerikanischem Boden stattfindet und daß man Alliierte hat, die dieselben Interessen vertreten, so daß man einen Export des Schlachtfeldes Richtung ostwärts betreiben kann. Die Vereinigten Staaten sind außerordentlich verletzbar, die Sowjetunion etwas weniger...

Wo ist die Logik, daß nur die USA den Krieg vom eigenen Gebiet fernhalten möchten, die UdSSR aber nicht? Und wo sind die Alliierten mit „denselben Interessen” einer Verlagerung des Schlachtfeldes von den USA nach Osten, also Europa?

Bis zum Jahr 1979 glaubte ich nicht an den sogenannten Weltkrieg III. Warum nicht?... Es gab eigentlich keinen Konfliktstoff. Konfliktstoff gab es in den 40er und anfangs der 50er Jahre, und der Stoff war Osteuropa: Wer soll dort Herr sein?

Wer in Osteuropa ,JIerr” sein sollte, war (mit Zustimmung der USA) 1944 und 1945 entschieden worden. Das war kein Konfliktstoff mehr. Konfliktstoff war der Versuch der UdSSR, ihr „Herr-Sein” weiter auszudehnen: auf Griechenland, auf die Türkei, später auf Südkorea, dann Südvietnam. Dieser Expansionsdrang der UdSSR blieb in denßOer und 70er Jahren voll erhalten, wie militärische Interventionen in Asien, Afrika und Lateinamerika (Kuba-Krise 1962) bewiesen.

Es war und ist für die Amerikaner außerordentlich wichtig, Raketen auf europäischem Boden zu stationieren, Raketen wie die 572 Cruise Missiles und Pershing II mit zwei Hauptfunktionen: Diese Raketen brauchen nur fünf Minuten von der BRD nach Moskau ... (Aber) eigentlich haben die Raketen eine andere Funktion, nämlich als Bomben- und Raketenziele, so daß die Schicksalsgemeinschaft ganz klar wird ... (Daher) der Doppelbeschluß der NATO am 12. Dezember 1979... Ein Beispiel für die Verletzbarkeit der Länder: Italien hat eine Menge von Cruise Missiles angenommen. Jedes ist selbstverständlich ein Ziel für eine SS 18 oder 20...

Dos stellt die Dinge zeitlich auf den Kopf. Seit 1976 stellt die UdSSR Raketen vom Typ SS 20 auf, die auf Ziele in Westeuropa gerichtet sind. Der NATO-Be-schluß von 1979 sieht den Beginn der Auf Stellung von Cruise Missiles und Pershing II Ende 1983 vor, wenn nicht vorher ein Abkommen zustandekommt. Wie kann man so unlogisch argumentieren? fenen Maßnahmen noch durchaus im Rahmen kommunistischer Wirtschaftspolitik. Zwar nicht sensationell oder gar „ungarisch”, aber doch immerhin recht bemerkenswert sind Neuregelungen, die einen zaghaften wirtschaftlichen Reformkurs andeuten.

• Seit 1982 kann jeder CSSR-Bürger einen halben Hektar Kulturland als Eigentum erwerben und die dort gezogenen Produkte zu einem „angemessenen Preis” auf neu geschaffenen „grünen Märkten” absetzen.

Die CSSR-Staatskasse ist namentlich durch Weizenimporte stark belastet. In den letzten fünf Jahren mußten dafür 20 Milliarden Dollar bereitgestellt werden.

• Neben privatem Hofland und „grünen” Märkten ist per Gesetz seit 1. April auch der Verkauf von 4 in Heimarbeit hergestellten Produkten erlaubt, wenn sie das lokale „Nationalkomitee” (die niedrigste Verwaltungseinheit) gestattet. Hier soll vor allem chroni-s :hen Versorgungsmängeln im Alltag entgegengewirkt werden.

• Sowohl für die Hobby-Privatbauern als auch für die Heimarbeiter wird es Steuerbegünstigungen geben. In der Industrie, so Parteiorgan „Rüde pravo”, soll „konsequenter das System des materiellen Anreizes bei guter Arbeit angewendet werden”.

Dies alles sind erste, vage Signale dafür, daß sich die Techno-kratehy um Ministerpräsident Strougal mit ihren liberaleren, an „Marktmechanismen” orientierten wirtschaftspolitischen Vorstellungen hervortrauen und die dogmatische-zentralistische Fraktion um Vasil Bilak an Boden verloren hat.

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