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Hilfe in der Not

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Wenn dieser Tage zehn junge Tiroler ins Erdbebengebiet nach Süditalien fahren, um beim Wiederaufbau mitzuhelfen, dann ist das ein Jubiläum: Genau 200.000 Helfer waren bis heute für den sogenannten Bauorden in über 70 Ländern der Welt tätig.

„Mafiaangriffe", Feudalismus und die in einer unterentwickelten Region herrschende Mentalität waren nur einige der Probleme, mit denen die Helfer des Bauordens während der Dauer ihres Einsatzes in Süditalien konfrontiert waren. Aber auch Sprachprobleme tauchten in den Tausenden von Einsätzen, die seit dem Gründungsjahr 1953 geleistet wurden, immer wieder auf.

Paare, die das ersparte Urlaubsgeld anläßlich ihres 25. Hochzeitsjubiläums dem Bauorden zur Verfügung stellen, andere, die frischverheiratet, noch im weißen Kleid und Frack, in den Bus des Ordens steigen und zur Baustelle fahren — das sind Anekdoten eines Ordens, dessen Größe sich 1953 noch nicht abschätzen ließ.

Damals, es war zu Ostern, wollte der belgische Pater Werenfried van Straaten mit Chauvinismus und Eigenbrötelei unter den Nationen Schluß machen. Er ging mit 19 Theologiestudenten nach Westdeutschland, um bei der Beseitigung entstandener Kriegsschäden mitzuarbeiten.

Die damals von allen als Eintagsfliege eingeschätzte Aktion vergrößerte sich: Prompt reisten Deutsche und Österreicher nach Belgien, um ebenfalls Kriegstrümmer anzupacken. Das war's. Italiener, Holländer, Schweizer und Franzosen folgten. Die ursprüngliche Idee im Benelux-Raum weitete sich weltweit aus.

Der Krieg ist schon lange vorüber, gebaut wird trotzdem. Die Organisation hilft heute all jenen Bevölkerungsgruppen, die in Not geraten sind. Siedlungen, Kindergärten finanzschwacher Gemeinden, Bauernhöfe, Stall- und Wirtschaftsgebäude von kinderreichen Bergbauern, Einfamilienhäuser verschuldeter Familien, Kapellen, Schulen.

Dabei, so wird versichert, könnte heute noch vielen geholfen werden. Etliche Hilfebedürftige jedoch geben aus Stolz nicht zu, Hilfe zu benötigen. Deshalb bittet der österreichische Bauorden (Hör-nesgasse 4,1031 Wien) um Mitteilung, wer Hilfe braucht. Die Vorschläge werden geprüft, eine Auslese getroffen.

Völkerverbindend ist der Gedanke, einen Austausch von Helfern zu gewährleisten: Während bis heute 6.100 Österreicher im Ausland mitgeholfen haben, waren 16.200 Jugendliche aus fremden Ländern in Österreich mit Zement mischen, Ziegelsteine tragen und Holz sägen beschäftigt.

Im Grunde genommen sind es zumeist junge Leute, die Abenteuerlust, eine christliche Lebenseinstellung der Nächstenhilfe und der Reiz eines Auslandsaufenthaltes dazu bewegen, unentgeltlich mitzumachen. 70 Prozent sind Studenten und Akademiker; aber auch Lehrer, Kindergärtnerinnen, Angestellte, Techniker, Beamte und Priester betätigen sich im Rahmen ihres Urlaubes als Bauarbeiter.

Der Bauorden betrachtet sich als streng unpolitisch trotz der Präsidentschaft von Ex-ÖVP-Generalsekretär Sixtus Lanner (der dieses Amt seit zwölf Jahren bekleidet). Es sei wünschenswert, so heißt es, daß auch Sozialisten sich als Funktionäre oder Helfer zur Verfügung stellten.

Ein Anfang zeichnet sich immerhin am Geldgeber-Horizont ab: Die zwei Millionen Jahresbudget, bestehend aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Subventionen, werden heuer um eine Spende von 40.000 Schilling von der Leopold Gratz-Stiftung aufgefettet.

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