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Hort der Künste

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Mit der Vorlage des ersten Bandes über „Stift Kremsmünster“ - der zweite erschien einige Monate früher, rechtzeitig zum 1200-Jahr-Jubiläum des Stiftes - wurde eines der anspruchsvollsten, schwierigsten, aufwendigsten Vorhaben im Rahmen der österreichischen Kunsttopographie zum glücklichen Abschluß gebracht. Diese wiederum ist ein Unternehmen mit vielfältigsten Zielsetzungen: Weit über ihre katalogisierende Primär- Aufgabe hinaus ist sie gerade im gegenständlichen Fall durchaus in der Lage, den letzten baugeschichtlichen Forschungsstand und damit auch die Grenzen heutigen Wissens zu referieren und dadurch befruchtend auf die weitere wissenschaftliche Arbeit einzuwirken. Die Möglichkeit, unter größter Schonung der barocken Decken Untersuchungen der mittelalterlichen Bausubstanz vorzunehmen, führte dazu, daß der erste Kremsmünster-Band („Das Stift - Der Bau und seine Einrichtug“) nach dem zweiten („Sammlungen-Bibliothek“) fertiggestellt wurde.

Das ist freilich nur ein völlig unbedeutender Schönheitsfehler angesichts der Tatsache, daß das Gesamtwerk damit den vollen Wissensstand über Kremsmünster repräsentiert. Offen bleiben vor allem jene Fragen, die nur durch Grabungen in der Stiftskirche geklärt werden könnten. Eines Tages werden sie wohl stattfinden, und es erscheint keineswegs unmöglich, daß gerade der Hinweis auf offene Probleme in den Kremsmünster-Bän- den der österreichischen Kunsttopographie jenen „Stachel im Fleische“ bilden wird, der mithilft, weitere Forschungen in diesem Stift zu ermöglichen, das nicht nur auf eine ruhmreiche Tradition als frühe Pflegestätte naturwissenschaftlicher Forschung zurückblickt, sondern auch wissenschaftlichen Arbeiten, die das Stift selbst, seine Bestände und Geschichte, zum Gegenstand haben, mit besonderer Bereitwilligkeit untersützt.

Es ist unmöglich, hier mehr als eine grobe Skizze dessen zu bieten, was der zweiteilige Band XLIII der österreichischen Kunsttopographie enthält. Die Teilung in zwei Bände war keineswegs organisch, sondern lediglich durch den Umfang des Materials und arbeitsökonomisch geboten. Einteilungen müssen nun einmal getroffen werden - man entschied sich dafür, neben der Darstellung der Bauten und ihrer Einrichtungen auch die Bestände der Schatzkammer in den ersten Band aufzunehmen, also Kostbarkeiten wie den Tassilo-Kelch, die, da fallweise in liturgischer Verwendung, nicht den eigentlichen Sammlungen des Stiftes zugeschlagen werden können. Anderseits enthält Band zwei unter den Beständen der Sammlungen auch jene Bilder, die, räumlich ausgegliedert, aber organisatorisch dazugehörend, ihren Platz nicht in den Sammlungen haben. Die Verteilung auf die beiden Bände wurde jedenfalls so getroffen, daß sie nicht nur in der Stärke nicht allzusehr differieren, sondern auch jeder findet, was er sucht, und darauf kommt es in erster Linie an.

Insgesamt krönen die Kremsmünster-Bände die bisherigen Darstellungen großer Denkmaleinheiten in der österreichischen Kunsttopographie, wobei dieses Stift den bisherigen Rahmen sprengt - durch seine Geschichte, durch seine Bedeutung, und nicht zuletzt durch den Reichtum seiner Sammlungen. Man denke nur an die Sammlung zum Teil kunsthandwerklich einmalig schön gestalteter astronomischer Geräte, die das Stift dem Umstande verdankt, daß seine Sternwarte zwar über ein Jahrhun

der ersten europäischen, aber nur drei (!) Jahre nach der ersten österreichischen Sternwarte in Wien gegründet wurde. Illusorisch, einzelnes aus diesem Reichtum hervorzuheben! Dieses Werk bestätigt einmal mehr die Bedeutung der österreichischen Klöster als Orte nicht nur einer intensiven sammelnden und Kunstschaffen anregenden Tätigkeit, sondern auch der Rettung für Bedrohtes. Zahlreiche Mitarbeiter, jeder ein führender Fachmann (freilich in vielen Fällen eine Frau!) auf seinem - ihrem - Gebiet, schufen hier das absolute Optimum katalogisierender und interpretierender Darstellung der in diesem Mikrokosmos namens Kremsmünsterversammelten Schätze. Es sei nur noch erwähnt, daß einem Unternehmen wie der österreichischen Kunsttopographie auch im Rahmen des Kulturgüterschutzes für den K

nfall außerordentliche Bedeutung zukommt. Und daß, auch aus diesem Grund, kein für solche Unternehmungen ausgegebener Förderungsschilling als hinausgeworfenes Geld betrachtet werden sollte.

ÖSTERREICHISCHE KUNSTTOPOGRAPHIE BAND XLIII - DIE KUNSTDENKMALER DES BENEDIKTINERSTIFTES KREMSMÜNSTER. 1. Teil: Das Stift - der Bau und seine Einrichtung. 2. Teil: Die stiftli- chen Sammlungen und die Bibliothek. Herausgegeben vom Institut für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes unter der Leitung von Eva Frodl-Kraft mit Unterstützung des Landes Oberösterreich. Verlag Schroll, Wien 1977. 600 Seiten, 406 Abbildungen bzw. 302 Seiten, 605 Abbildungen, öS 750,-bzw. öS 650,-.

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