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Digital In Arbeit

„Idi bin ein Nasdier…“

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„Public Relations", so definiert der „Große Brockhaus", sind „durchdachte und planmäßig durchgeführte Maßnahmen, um einen Menschen, eine Berufsgruppe, eine Firma einem bestimmten Kreis von Interessenten oder der Allgemeinheit nahezubringen und deren Anteilnahme zu wek-ken."

Vor allem letzteres, Anteilnahme also, erwecken die vom Fremdenver. kehrsverband für Wien herausgegebenen Blätter „Wien informiert". Als verantwortlicher Redakteur firmiert Ernst Hagen, der nicht nur als „Eha" in der „Illustrierten Wochenausgabe der ,Kronen-Zeitung’" plaudert, sondern auch im Femsehen als „Senior" den gleichnamigen Klub präsentiert.

Diesmal lernen wir ihn in seiner Eigenschaft als Kommunalwerber kennen: „Gespräch mit Bürgermeister Felix Slavik: Der erste Bürger Wiens — privat." ,

Schon die Introduktion des Interviews ist eindrucksvoll: „Herren mit Mappiįrt -^nter dem Arm kommen und gehen." Kein Zweifel, „Eha" befindet’ sich im Rathaus. Genauer gesagt: „Ich sitze und warte im Roten Salon, aber der Bürgermeister ist pünktlich."

Wir haben nicht Muße, den durch „aber" ausgedrückten Gegensatz zu erforschen, denn Neugierde treibt uns weiter: „Haben Sie mehr Arbeit als früher?" forscht Ernst Hagen. Slavik: „Einmal bin ich", erfährt der die Dynamik im Rathaus nur selten argwöhnende Leser, „am Schreibtisch eingeschlafen, da hat mich die Gemeindewache um halb drei geweckt, weil sie geglaubt hat, daß mir etwas passiert ist." Tatsächlich. Nun, des Bürgermeisters Arbeit ist hart, wenn sie auch jetzt „einen ganz anderen Charakter bekommen" hat. Mußte er früher, „wie das zur Auf. gäbe eines Finanzreferenten" gehört, „viele Verhandlungen führen", so hat er jetzt „die Möglichkeit, sich Gedanken darüber zu machen, in welcher Form man den Fortschritt in unserer Stadt und in unserer Verwaltung organisieren kann". Genug der Arbeit, nun zu Privatem. Die Frage nach den Eßgewohnheiten ist schnell beantwortet. Zum Frühstück „einen Kaffee und ein trockenes Brot! Butter habe ich mir abgewöhnt, denn ich trage ungern einen Bauch". Schau, schau. Diese Maxime beachtend, gestaltet Slavik sein Mittagessen: „Normalerweise gibt es wieder einen Kaffee oder Tee mit einem Gabelbissen oder Burenwurst." Herzhaft ißt er erst am Abend, „außer es gibt Empfänge, und da bin ich nur ein Nascher". Doch Slavik („Ich bin ein Arbeitsmagnet") hat auch Hobbys — nicht jene, die, im „Profil" publik gemacht, dessen Beschlagnahme provoziert haben.

Viel harmloser: „Ich filme und knipse." Und: „Ich habe einmal eine Italienfahrt gemadit, da war ich in Rom, und da hat eine Zeitschrift 100 Schilling für das schönste Photo geboten. Ich habe nur eine einzige Aufnahme gemacht, aber mein Büro hat mir empfohlen, das Bild einzusenden, und ich habe tatsädilich die 100 Schilling bekommen." Eben: Slavik, der Knipser.

Immerhin ein netter Zuschu zu einem Gehalt von 28.727 Schilling (steuerfrei plus Spesen). Trotzdem denkt Slamk nifht daran, seinPheio-talent kommerziell auszuwerten, ob-wohler-mch’ in Amerika einige Aufnahmen machte, die recht gut ge. worden sind. Man hat mir sogar den Vorschlag gemacht, die Bilder auszustellen, aber das habe ich nie gemacht".

„Wien informiert" des Herrn Hagen bittet auf dem mit Johann Strauß, einem Fiaker und einer Gaslaterne geschmückten Titelblott: „Nachdruck erbeten." Was hiemit geschehen ist.

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