6840228-1975_39_14.jpg
Digital In Arbeit

Im Dienst der Versöhnung

Werbung
Werbung
Werbung

Immer noch ringt die bundesdeutsche Öffentlichkeit um den Geist der Versöhnung mit dem vom letzten Kriege wohl am stärksten heimgesuchten Land: Polen. Deshalb sei hier auf ein einzig von der christlichen Friedensidee geleitetes deutsches Werk der letzten Jahre hingewiesen, auf den „P. Maximilian Kolbe-Reinhold Schneider-Gedäcnt-nispreis“. Er ist vor allem das Werk einiger weniger Christen, die, von der Friedensidee Schneiders inspiriert, den Frieden gegen alle Klügeleien und alles „Do ut des-Denken“ tun wollen. Inzwischen hat dieses Werk so weitreichende Kreise gezogen, daß es den mutlos gewordenen einzelnen in der Bundesrepublik Hoffnung, den bloß über Frieden Räsonierenden ein Ansporn zum Tun des Friedens im kleinsten Kreis sein kann.

Mitten im Zweiten Weltkrieg hatte Reinhold Schneider das Gelöbnis getan, daß er nicht töten werde. Er begann in seinem Werk entschiedener nach dem Ausdruck des Friedens zu suchen wie ihn die Welt nicht geben kann und wie er doch immer Aufgabe eines jeden Christen bleibt. Sein Leben wurde zum provozierenden Zeugnis für den Glauben an die Macht der Gewaltlosigkeit, den er dem Glauben der Macht entgegensetzte. 1956 wurde dem Dichter „für das Beispiel seines Lebens und seines Werkes“ der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

Es ist gerade dieser Auftrag zur Versöhnung zwischen den Völkern in den Gewissen der einzelnen, den die Reinhold-Schneider-Gesellschaft seit ihrer Gründung im Jahre 1970 ergriffen hat. Als erstes suchte sie in der Person ihres Vorsitzenden H. Ludwig den Brückenschlag der Deutschen zum Osten. Lange vor den neuerlichen kulturellen und politischen Kontakten mit Polen wurde ein Preis gestiftet, dessen Name der Gesellschaft Programm ist: „P. Maximilian Kolbe-Reinhold Schneider-Gedenkpreis“. Die Verbindung der beiden Namen ist nicht zufällig. Der im KZ Auschwitz selbstlos sich hinopfernde und ermordete Pater und der rücksichtslos Ruhm und Ansehen für den Frieden in die Waagschale der Geschichte werfende Dichter gehören als Zeugen einer Versöhnung, wie sie so nur vom Glauben her zu leben ist, zusammen. Der erste Preis der

Schneider-Stiftung ging 1972 an zwei polnische Schriftsteller, deren Namen auch in Deutschland bekannt sind: Jan Dobraczynski und Hanna Malewska. Ein Studienpreis wurde an die Universität Lublin verliehen. Seither bestehen mit ausdrücklicher Genehmigung der polnischen Regierung gute Kontakte zwischen der Reinhold-Schneider-Stiftung und der Universität Lublin. In Polen sind heute mehr junge Akademiker um die Gedanken Schneiders zum Frieden bemüht als in der Bundesrepublik. Schon in allernächster Zeit soll der Lehrstuhl für Germanistik an der Universität Lublin den Namen Reinhold Schneiders erhalten. Für die Universitäten von England und Frankreich sind im engen Kontakt mit dortigen Hochschullehrern weitere Preise für Arbeiten um die Friedensfrage bei Schneider ausgeschrieben.

Das Friedenswerk der Schneider-Stiftung ist ein Beweis dafür, daß Friede nur dort entstehen kann, wo er Tag für Tag geschaffen wird; daß man den großen Frieden nicht tatenlos erwarten darf, ohne in dem Bedingungsrahmen unserer alltäglichen Möglichkeiten den Frieden wirklich zu tun; daß nur so die Bedingungen des Krieges sich langsam auf einen dauerhaften Frieden in Gerechtigkeit hin auflösen. Die Gedanken Reinhold Schneiders, die in unserer Zeit weit über das Literarische hinaus zu wirken vermögen, verdienten eine weitreichendere Beachtung, nicht nur in Deutschland.

• Auf Rat ihres Freundes und Nachbarn Graham Greene hat die legendenträchtige „Dottoressa von Capri“, Dr. Elisabeth Moor, kurz bevor sie mit 90 Jahren starb, ihre Memoiren abgeschlossen. So unmittelbar wie in einem vertrauten Gespräch unter vier Augen erzählt diese außergewöhnliche Frau aus ihrer bewegten Vergangenheit. Ihre Begegnungen und Freundschaften markieren romantisch ein ganzes Jahrhundert von Kaiser Franz Joseph bis zu Greta Garbo. Der rücksichtslose Rückblick der ölten Dome erscheint mit einem Vor- und Nachwort des Herausgebers Graham Greene im Herbst unter dem Titel „Eine unmögliche Frau“ im Paul Zsolnay Verlag.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung