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Immer mehr Menschen sind nach den Ferien urlaubsreif
Ich hoffe, Sie sind gut aus den Ferien zurückgekehrt. Ich nehme nicht an, daß Sie erholt sind, denn Urlaub ist heute ja eine anstrengende, eine schwierige und nicht selten gefährliche Angelegenheit.
Früher war das viel einfacher. Die meisten Sommerfrischler hatten für nicht mehr Geld als eine Verlagerung des Haushaltes auf's Land zu entfernten Verwandten. So gab's zwar am Anfang und am Ende des Sommers allerlei Aufregungen und Anstrengungen, aber der Rest war beschaulich.
Heute hingegen ist die Planung und Durchführung des Sommerurlaubes für eine vierköpfige Familie ein Unterfangen, das eigentlich ein mehr-semestriges Studium beider Eiternteile erfordert. Da muß ausgewählt und preisverglichen, vorbestellt und probegewohnt werden. Wer nicht völlig professionell und -und vor allem! - rechtzeitig ans Reisewerk geht, der wohnt mit Sicherheit am Urlaubsort in einer Baustelle, das Schlafzimmer zum Hauptplatz mit Tag- und Nacht-Betrieb, der Strand in Sichtweite -sofern man über ein hochauflösendes Marinefemglas verfügt.
Auch die An- und Abreise erfordert strategische Vorbereitung und taktische Durchführung. Mehrmonatiges Kartenstudium und Crash-Kurse in mindestens fünf Sprachen, damit man die diversen Verkehrsdurchsagen auch einigermaßen verstehen kann, sind die Mindestvoraussetzung. Selbstverständlich ist das Auto staufest zu machen. Eine normale Tropenausrüstung oder Vorkehrungen zur Saharadurchquerung reichen nicht aus, um die üblichen Staustunden bei der Durchquerung der Alpen via Autobahnen ohne größeren Schaden zu überstehen. Wer auf die vielgepriesenen öffentlichen Massenverkehrsmittel ausweichen möchte, dem sei eine Vorab-Abmagerungs-kur empfohlen, damit er in den überfüllten Gängen der Ferienzüge noch ein Stehplätzchen finde.
Wie wir in diesen Tagen so beklemmend erfahren haben, ist ja auch die Rückkehr aus dem Sommerurlaub nicht immer so einfach. Da muß man ja gar nicht selbst dran schuld sein, wie jene offenbar geistesgestörten Familien aus Deutschland, die mit Kindern (!) in diesem Sommer unbedingt durch's wilde Kurdistan ziehen mußten. Wahrscheinlich war ihnen der Urlaubstrubel zwischen Kusadasi und Antalya schon zu langweilig geworden, und es gelüstete sie nach einem richtigen Erlebnisurlaub. Den hatten sie ja dann auch. Andere wieder hätten sicherlich gerne auf die Schwierigkeiten der Rückkehr von ihrem Feriendomizil am Schwarzen Meer an den Arbeitsort im Norden verzichtet. Gott sei Dank konnte sie dann doch noch überwunden werden.
Aber, ob mit oder ohne Schuld und Selbstbeteiligung, immer mehr Menschen sind am Ende der Ferienzeit urlaubsreif.
Wäre ich Gewerkschaftsfunktionär, ich wüßte schon, was ich statt Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung auf meine Fahne schriebe: den Erholungsurlaub von den Ferien.
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