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Madrigalchor, Gedda, Price

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Unter den nicht gerade wenigen Ohorvereinigungen Österreichs hat sich der „Wiener Madrigalchor" durch seine künstlerischen Leistungen eine geachtete und ^Igemein anerkannte Stellung errungen. Sein nun 20jähriges Bestehen feierte er in einem unter dem Titel „Soiree im Palais" stattflndenden Jubiläumskonzert im Schwarzenberg-Saal, das die Vorzüge des vcm Dr. Xaver Meyer technisch und musikalisch ausgezeichnet geschulten Chores in heiteren, von Altmeistern des 16. Jahrhunderts komjjonierten Madrigalen und erst- und uraufge-geführten Minneliedern und böhmischen Volksweisen vcm Heinz Kvato und Reinhold Schmid unter Beweis stellte. Die der Auflockerung des Programmes dienenden Mitwirkungen, so des Cembalisten Johann Sonnleitner und der mit einem prächtigen, ausladenden Organ ausgestatteten Altistin Helga Wagner, gipfelten in dem Auftreten der kleinen, zehnjährigen Geigerin Klara Flieder. Das zierliche, noch seine volle Kindlichkeit w^rende Mädchen, spielte mit erstaimlicher, ja stupender Technik eine Tartini-Sonate, noch mehr Bewunderung aber erregte seine nicht anerzogene Wunderkind-, sondern natürlich angeborene Musikalität bei der Begleitung der von der Altistin gesungenen Opemarlen. Viel Beifall.

Was Mcolai Gedda, der bekannte lyrische Opemtenor, als Liedinterpret zu geben vermag, offenbart sich in solchen Gesängen, in denen der stimmliche Glanz und die Schönheit des Organa überragend zum Vorschein kommen, so beispielsweise in Strauss’ „Cäcilie", „Heimlicher Aufforderung" oder dem seltener zu hörenden, effektvollen „Pokal". Nicht so überzeugen kann der Künstler dort, wo es aul tieferes Eindringen in den Stimmungsgehalt eines Liedes und Vermittlung an den Hörer ankommt. In vier von Schubert nach iWefasfasio-Texten komponierten italienischen „Canzonen" wirkt noch das duftig-schwebende Piano, das ebenso wie in „Du bist die Ruh" stark beeindrucket. Anderen

Schubert-Liedem konnte man leider kein Placet geben: So waren „Rastlose Liebe" und „Ganymed" nicht nur im Tempo vergriffen, es störte auch das durcih zu viele gestoßene Töne unruhig wirkende Legato und, um einen Vergleich heranzuziehen: Gedda singt Schubert so, wie der amerikanische Dirigent Schnippers ihn dirigiert. Trotz alledem zeigte sich das Publikum des Brahms-saales von dem großen Opemtenor sehr begeistert, so daß Zugaben selbstverständlich waren. Am Flügel — einfühlsam wie immer — Erik Werba.

Man muß Margaret Price eine kühne Programmbildung zubilligen, da sie bei der Nebeneinandorstellung von Ariosi italienisoher Opemkompo-nisten wie Verdi, Bellini, Donizetti und Rossini und einem Liederzyklus von Schönberg sich überaus stilddskrepante Werke ausgesucht hat. Stimmtechndsch hat die Künstlerin sehr viel zu bieten, ihr schönes Sopranmaterial ist, auf beste Tiefatmung aufgebaut, eines ebenso pompösen Fortes wie leisesten, aber doch tragenden Pianos fähig, und sie versteht sich auch auf den Ziergesang der Italiener, Wie es ihre Passagen und Rouladen bewiesen. Nur die fulminante Höhe müßte noch mehr auf Edelglanz mit Milderung eines schrillen Beiklanges abgestimmt werden. Am besten gelang der Künstlerin in der ersten Programm-abtedlung Verdis „Ave Maria" mit hiniiger Gebetseinfühlung und sor-dinierter Stimmentfallung. Schönbergs „Fünfzehn Gedichte aus dem Buch der hängenden Gärten" nach Stefan George stellen an die Treffsicherheit des Interpreten allerhöchste Ansprüche.

Im zweiten Teil des Konzertes sang die Künstlerin romantisch angehauchte Lieder von Rachmaninoff, von denen die bekannten „Frühlingsfluten" einen besonderen Applaussturm erweckten, und Kompositionen südamerikanischer Komponisten. Volkslieder, von Britten arrangiert, liegen der Sängerin ausgezeichnet, sie bringt sie mit viel Geschmack, läßt sich aber in gesteigerter Gebelaune zu leicht reißerischen Einblendungen verleiten. In den übergroßen Beifall des leider schlecht besuchten Mozart-Saales wurde auch der vorzügliche Begleiter, James Lockhart, mit Recht einbezogen.

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