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Oper im Spielsaal

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Große Anstrengungen hat die Bayerische Staatsoper unternommen, um Prokofieffs „Spieler“, nach dem gleichnamigen Roman von Dosto-jewskij (Libretto vom Komponisten, deutsche Übertragung: Karlheinz Gutheim), erstmals in München vorzustellen. Im Jahre 1917 von Pro-kofieff vollendet, sollte diese Oper in Petersburg herausgebracht werden, doch diese Premiere fiel der Revolution zum Opfer und erst 1929 erlebte das Werk in Brüssel seine Uraufführung. Das Grundübel des Stückes liegt in einer Tatsache begründet, die eigentlich allgemein und hinreichend bekannt ist, in der Tatsache, daß die Werke Dosto-jewskijs nur schwer dramatisierbar sind.

Was wollte Prokofleff — der seinen Dostojewskij mit Sicherheit verehrte und beherrschte — in Musik setzen? Dramatische Situationen sind zu wenige vorhanden, also die seelischen Vorgänge? Das konnte ihm nicht gelingen, dazu ist seine Musik zu oberflächlich, zu rasch „durchschaubar“. Oder wollte er durch musikalische Akzente die einzelnen Gestalten charakterisieren? Das gelingt bisweilen, doch hätte hier der Dirigent des Abends, Heinrich Hollreiser, etwas pointierter verfahren sollen. Hollreiser hat die kniffelige Partitur vortrefflich im Griff, deckt die Sänger nie zu und das Bayerische Staatsorchester reagierte ausgezeichnet. Natürlich wußte der Regisseur Bohumil Herlischka, wie un-

Die St. Pöltner Domorgel, als einst bedeutendes Kulturdenkmal vom Passauer Orgelmacher Johann Ignaz Egedacher erbaut, wurde durch einen mißglückten Neubau im Jahre 1903 ihrer Klangschönheit beraubt und der Bedeutungslosigkeit preisgegeben. Zahlreiche Umbauten und Katastrophen, wie Kriegseinwirkungen, Turmbrand, die Zertrümmerung des Spieltisches durch eine von der Empore abstürzende Plastik, machten das Werk funktionsuntüchtig und verlangten nach einem Neubau. Dieser wurde, in Anbetracht der Bedeutung der Domkirche als kirchenmusikalisches Zentrum der Diözese, der Schweizer Firma Metzlers Söhne übertragen. Ein „Kuratorium für die Erneuerung der Domorgel St. Pölten“ unter Vorsitz von Landeshauptmann Ök.-Rat Maurer und Diözesanbischof Dr. Franz Zak und unter Beteiligung zahlreicher prominenter Mitglieder des öffentlichen Lebens sorgte für die Sicherstellung der finanziellen Mittel, die durch Spenden der Diözese St. Pölten, des Landes Niederösterreich, des Bundesdenkmalamtes, der Stadt und des Bezirkes St. Pölten, der Dompfarre St. Pölten sowie zahlreicher einzelner zustande kamen. — Der Orgelneubau orientiert sich an den Maßstäben des barocken Vorbildes und berücksichtigt auch den noch vorhandenen Pfeifenbestand von 1722. Die Orgel Irt wiederum im restaurierten barocken Orgelgehäuse untergebracht und um ein neues „Schwellwerk“ erweitert. Das Festprogramm der Orgelweihe und die an ihr beteüigten Organisten geben der Bedeutung des Instruments richtigen Ausdruck.

glaublich das ganze Unterfangen ist. Um Textverständlichkeit zu erzielen — eine hier notwendige Voraussetzung —, wickelte er alle Dialoge an der Rampe ab, der Spielsaal blieb etwas im Hintergrund, die jeweils agierenden Personen treten bis dicht an den Orchestergraben heran. Aus jedem Handlungsfunken schlug Herlischka dramatische Stichflammen, so beispielsweise wenn Alexej Iwano-witsch, um Poline seine Unterwürfigkeit zu beweisen, die Baronin Würmerhelm kompromittiert und den Herrn Baron mit seinem preußischen „Jawohl!“ nachäfft, oder noch stärker beim dramatischen Höhepunkt, dem Auftritt der alten Tante, die sich jeder längst tot wünscht, um in den Genuß des Testaments zu gelangen. Doch in dieser grandiosen Szene wird auch besonders deutlich, wie geschickt Herlischka sich der Ausdrucksbereiche des absurden Theaters bedient. So wird das Eintreffen der Tante Babuschka zum „Besuch der alten Dame“.

Herlischka hat seine szenische Maßarbeit gemeinsam mit dem Bühnenbildner Ruodi Barth angefertigt. Ohne Rücksicht darauf zu nehmen, daß die Handlung 1865 in Rouletten-bourg spielen soll, hat sich Barth einen Spielsaal einfallen lassen, der im New Yorker UNO-Gebäude

etabliert sein könnte, um den Mitgliedern bisweilen etwas Entspannung und Zerstreuung bieten zu können. Hauptattraktion ist dabei eine schwenkbare Decke, bestehend aus 76 Spiegeln von jeweils 1,25 m Durchmesser. Bei dieser Scheibe handelt es sich um eine stabile Stahlkonstruktion mit einem Gewicht von über zwei Tonnen (für rund 15.000 DM in den Werkstätten des Prinzregententheaters hergestellt, zerleg- und transportierbar). An dieser Decke spiegeln sich die Aktionen auf den Roulettetischen — ein zunächst fesselnder optischer Gag, der sich jedoch überraschend schnell verbraucht.

Die Sänger-Darsteller selbst waren in dieser Premiere so hervorragend, die Ensembleleistung so geschlossen, wie selten in diesem Haus. Allen voran sind Astrid Varnay und Lilian Sukis zu nennen. Varnays Babuschka wird Theatergeschichte machen und Lilian Sukis ist eine Poline von ätherischem Reiz. Faszinierend wie Trudeliese Schmidt die Rolle der Blanche — ein Flittchen der sogenannten „besten Gesellschaft“ — zu verkörpern versteht. Hermin Esser überzeugt durch die Intensität seiner Charakterisierungskunst wesentlich nachhaltiger als im großen Wagner-Fach. Kieth Engen als General und Richard Holm in der Rolle des Marquis übertrafen sich gegenseitig an Gestaltungskunst. Für alle Mitwirkenden gab es lang anhaltende Ovationen.

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