6943591-1983_36_25.jpg
Digital In Arbeit

Päpste und Österreich

Werbung
Werbung
Werbung

Nur einmal hat bisher ein Papst in amtlicher Funktion Österreich besucht — Pius VI., der 1782 Kaiser Joseph II. von seinen Eingriffen in die Kirchenstruktur abbringen wollte. Johannes Paul II. wird nun der zweite sein.

Aber wohl jeder Papst der letzten tausend Jahre (sofern er lange genug regiert hat, um sich auch „äußeren” Aufgaben zuzuwenden) hat wohl in der einen oder andern Form auf Österreich eingewirkt.

War es im Mittelalter die-Grün- dung einer Universität — und speziell ihrer Theologischen Fakultät —, die die Zustimmung des Papstes brauchte, so in der Neuzeit der Abschluß eines Konkordates. Jede Ernennung eines Bischofs, jede Einrichtung oder Veränderung einer Diözese, jede Errichtung eines Klosters, jede Zulassung eines Ordens, jede Selig- und Heiligsprechung muß von ihm gebilligt werden.

Die Päpste als politische Machthaber, als Herren des Kirchenstaates standen in diesen Jahrhunderten in ständigem — mitunter leidvollem — Kontext zu den jeweiligen Gegenspielern auf Kaiser- und Königsthronen.

Der Investiturstreit war im hohen Mittelalter der Konfliktstoff zwischen Kaiser und Papst — und die Markgrafen von Österreich aus dem Geschlecht der Babenberger schwankten mehrfach von einer Seite auf die andere.

Leopold II. tritt im Streit zwischen Gregor VII. und Heinrich IV. 1078 an die Seite des Papstes. Innozenz II. rühmt 50 Jahre später Leopold III. wegen seiner Treue zum Papsttum. Innozenz VIII. spricht den Markgrafen schließlich 1485 heilig.

Die Gegenreformation in der ersten, die Türkengefahr in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun derts führen Päpste und (Habs- burg-)Kaiser wieder zusammen.

Paul V. und Gregor XV. unterstützen Ferdinand II. in seinen Bemühungen, die protestantischen „Ketzer” auszuschalten. Innozenz XI. erreicht mit hohen Subsidien, daß sich Polens König Jan Sobieski von der französischen Partei in seinem Land absetzt und Kaiser Leopold I. in seinem Kampf gegen die Türken unterstützt.

Der Kirchenstaat, die ständigen territorialen Veränderungen im Italien des 18. und 19. Jahrhunderts führen mehrfach zum Kon flikt zwischen dem Papst und Österreich, aber 1831/32, als das Risorgimento auch auf die päpstlichen Lande übergreift, helfen österreichische Truppen Gregor XVI., seine Macht als Landesherr wieder herzustellen.

Metternich mißtraut dem 1846 gewählten Pius IX. wegen seiner Liberalität und verstärkt die österreichische Besatzung in Ferrara. Nur zwei Jahre später aber weigert sich der liberale Papst in den Krieg Italiens gegen Österreich einzutreten.

Mehrfach hat der österreichi-

sche Herrscher versucht, auf die Wahl eines neuen Papstes Einfluß zu nehmen — nicht nui; im Mittel- alter, als solche Versuche selbstverständlich waren.

Als Julius II. 1506 schwer erkrankt und man mit seinem Tod rechnen muß, überlegt Kaiser Maximilian I., eben zum zweiten Mal verwitwet, ob er nicht selbst unter Verzicht auf seine Kaiserwürde den Stuhl Petri anstreben soll — eine Überlegung, die in jenen Zeiten und bei dem damals üblichen Wechsel zwischen weltlichen und geistlichen Führungspositionen gar nicht so absurd war, wie es heute scheint.

1721, nach dem Tod Clemens’ VI., gibt es zum ersten Mal ein formelles Veto des Kaisers Karl VI. gegen den Favoriten, Kardinal Fabrigo Paolucci — mit Erfolg. Gewählt wird Kardinal Michelangelo Conti als Innozenz XIII.

80 Jahre später stirbt Pius VI. in französischer Gefangenschaft. Nach seinem letzten Willen tritt das Konklave dort zusammen, wo sich die größte Zahl von Kardinalen frei versammeln kann — im österreichischen Venedig. So erfolgt auch die Wahl Pius’ VII. unter österreichischem Schutz.

Das letzte Veto gegen einen Papstkandidaten kam wieder von Österreich: Nach dem Tod Leos XIII. galt dessen Staatssekretär Kardinal Mariano Rampolla als sicherer Anwärter — und Mann derfrankreichfreundlichen

Gruppe im Kollegium. Er hatte 1889 verhindert, daß Kurienkar- dinäle an der Gedenkmesse für den von eigener Hand gestorbenen Thronfolger Rudolf in der römischen Anima teilnahmen.

Gegen ihn brachte Kardinal Pu- zyna von Krakau den Einspruch Kaiser Franz Josephs vor. Trotz des Protestes der Kardinale gegen diesen Eingriff waren die Gegner Rampollas stärker — gewählt wurde Giuseppe Sarto als Pius X. Er beseitigte schon 1904 die Einflußmöglichkeiten auswärtiger Mächte auf die Papstwahl.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung