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Pas de dettx bei den Jesuiten

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Schon 1992 wird das ehemalige Jesuitentheater in der Wiener Bäk-kerstraße, Österreichs ältestes und mehr als ein Jahrhundert hindurch bespieltes Opernhaus, dem Staatsopernballett als Probebühne zur Verfügimg stehen. Den Spielbetrieb wird es in der Saison 1993/94 aufnehmen-vorausgesetzt, „Amtsläufe" machen keine Verschiebung nötig. Der seit 1983 mit der Generalsanierung und Revitalisierung des alten Universitätsviertels beschäftigte Architekt Friedmund Hueber hat jedenfalls seine Entwürfe für die künftige Gestaltung des Gebäudes im Wirtschaftsministerium eingereicht, mit der Renovierung des Dachstuhls und des stark beschädigten Deckenfreskos im Theatersaal wurde begonnen.

Entstanden ist das von einer Quadraturzone eingerahmte Fresko der Himmelfahrt Mariae im Jahr 17 3 5 im Rahmen einer Aufstockung des Theaters der Gesellschaft Jesu. Schon 1623hatte Kaiser Ferdinand II. dem spielfreudigen Jesuiten-Orden die 1365 von Herzog Rudolf IV. gestiftete und von dessen Bruder Albrecht III. um das Collegium ducale (Herzogliches Kolleg) sowie zahlreiche Bursen (Wohn- und Lehrstätten der Scholaren) erweiterte Universität übertragen. Als

Maler beschäftigten die Jesuiten wahrscheinlich den Schöpfer des Freskos in der Universitätsbibliothek, Anton Hertzog. Die Scheinarchitektur stammt von Giuseppe oder Antonio Galli Bibiena.

1650 wurde der große Saal über der Alten Aula durch Einbau einer 29 Meter tiefen Bühne zum Theater adaptiert. Das Ordenstheater in Wien hatte sich damals bereits zu höchster Blüte entwickelt und verlangte nach bester barocker Bühnentechnik, die Drachen Feuer speien, Engel in Wolken schweben und die Erde beben lassen konnte.

Gespielt wurden neben Weih-nachts- und Osterspielen, Szenen aus dem Alten und Neuen Testament auch Allegorien, Fastnachtsspiele und Komödien, schließlich sogar Singdramen, Oratorien und durchkomponierte Opern in lateinischer und in deutscher Sprache. Allein in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gelangten auf der Jesuitenbühne mehr Opern zur Uraufführung als im Opernhaus am Ring seit seiner Eröffnung im Jahre 1869. Zum Hauptkomponisten avancierte Johann Baptist Staudt, zum Hauptdichter Nicolaus Avancini.

Europaweiten Erfolg errang 1659 die Uraufführung von Avancinis „Pietas victrix", einem Prunkstück über Konstantin den Großen. Anwesend bei diesem Triumph war

Kaiser Leopold I., nach Ferdinand II. der zweite komponierende Habsburger, der 79 kirchliche und 155 weltliche Kompositionen schrieb, die Jesuiten-Patres durch Schenkungen verschiedenster Art förderte und sich aktiv an der Spielplangestaltung des Jesuitentheaters beteiligte.

Als 1773 Papst Clemens XIV. den Orden aufhob, bedeutete dies auch das Ende des schon von Kaiser Karl VI. und erst recht von Maria Theresia nicht gern gesehenen Universitätstheaters. Als dann 1814 Papst Pius VII. die Gesellschaft Jesu wieder herstellte, gab man ihr zwar die Universitätskirche und das angrenzende Wohngebäude zurück, nicht aber die Alte Aula (Bäckerstraße 20) und die zwischen 1753 und 1755 errichtete Neue Aula (Dr. Ignaz-Seipel-Platz 2) und das Bibliotheksgebäude (Postgasse 7-9).

Am 5. November 1944 durchschlug eine amerikanische Bombe Dach und Decke der Alten Aula. Der Luftschutzdienst sprengte einen im Hof zwischen Bäckerstraße 20 und 13 gelandeten Blindgänger und richtete damit noch größeren Schaden an. 1946 begannen erste Instandsetzungsarbeiten.

Erst als die Österreichische Staatsdruckerei ihren Bedarf an der

Alten Aula angemeldet hatte, entschloß man sich zum eigentlichen Wiederaufbau des Objekts. 1950 restaurierte das Bundesdenkmal-amt das eingangs erwähnte Dek-kenfresko im Theatersaal - allerdings so schlecht, daß schon bald einzelne Teile wieder herabfielen. 1951 zog das Statistische Zentralamt in den Theatersaal ein, den es vor mehr als zehn Jahren wieder verließ. Nun sollte ihn Architekt Hueber als Veranstaltungszentrum adaptieren. Unterrichtsminister Rudolf Schölten, auf der Suche nach einer würdigen Heimstatt für das Staatsopernballett, kam auf die Idee, den leerstehenden repräsentativen Saal für Ballettaufführungen zu nützen.

Nach Huebers Entwurf wird für diese neue Nutzung der Haupteingangauf den Dr. Ignaz-Seipel-Platz verlegt. In einer Baulücke der Bäk-kerstraße werden Stiegenhaus und Aufzug errichtet. Die 390 Quadratmeter große Alte Aula soll das Foyer mit den Zuschauergarderoben, Büffet und Toiletteanlagen aufnehmen. Im ersten Stock werden unter anderem Künstlergarderoben, zwei Probesäle und die Direktionsräume untergebracht. Der im zweiten und dritten Stock befindliche Theatersaal soll je nach Bedarf eine variable Bühne und Zuschauertribünen für rund 500 Personen aufnehmen.

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