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Rettet das Leben

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Es begann mit dem Appell des Jesuitenpaters Lombardi: „Tut etwas!” Das war in den ersten Nachkriegsjähren, als sich eine Handvoll katholischer Heimkehrer um die Wochenzeitung „Offenes Wort” scharte, bereit, sich für den Wiederaufbau der wiedergewonnenen Heimat”zu engagieren, nachdem sie Fronteinsatz, KZ, Gefangenenlager entkommen waren.

Damals entstand die SOS-Gemein- schaft für Soforthilfe, die Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft, schließlich die „Gemeinschaft zum Schutz der Neugeborenen: Rettet das Leben”. Geistige Väter aller dieser Aktionen waren Jesuitenpater Georg Strangfeld und OW-Chefredakteur Otto Kaspar. Einige der Gründer der Gemeinschaft wie Friedrich Lehne, Renate Erich, Wolf Müller-Hartburg standen zwei Jahrzehnte später wieder aktiv „an der Front” als es galt, den Kampf gegen die Abtreibung und ihre Freigabe auch politisch durchzustehen.

Theodor Brücke, Hans Zacherl, Richard Übelhör stellten sich im Lauf dieser Jahre als Präsidenten zur Verfügung. Sie warteten nicht auf Subventionen. Nur das Engagement der Mitglieder, die durch zähe Aufklärungsarbeit gewonnen wurden, brachte die Mittel auf, ohne die die Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Die Fusion mit der „Aktion Leben” nach Absohluß des Volksbegehrens war dann die logische Folgerung aus vielfachen Querverbindungen.

Damals, 1954, sprach man noch lediglich hinter vorgehaltener Hand davon, daß in Österreich jährlich rund 100.000 Kinder vor der Geburt getötet wurden. Damals war es in katholischen Kreisen noch tabu, von Familienplanung, ja von Empfängnisverhütung zu sprechen.

Da sich die Gründer aber bewußt waren, daß es Abtreibungen geben werde, solange es unerwünschte Schwangerschaften gibt, bemühten sie sich, dort zu helfen, wo die unerwünschte Schwangerschaft wenigstens in eine akzeptierte verwandelt werden konnte, dort wo Fehlmeinungen, psychischer oder materieller Druck durch aktive Hilfe gelindert, beseitigt werden konnten.

Sepp Macho von der SOS-Gemein- schaft übernahm es, Schwangere, die die gebotene Hilfe annahmen, bis zur Niederkunft in einem Heim aufzunehmen, auch später für sie zu sor gen. Das „Offene Wort”, die FURCHE, dann auch andere Zeitungen gaben die „SOS-Rufe” an eine hilfsbereite Öffentlichkeit weiter.

Die ersten Beratungsstellen der Schutzgemeinschaft wurden eingerichtet - zwei Jahrzehnte, bevor im Zug der Debatte um die beabsichtigte Fristenlösung auch im staatlichen Bereich die Schwangerenberatung intensiviert wurde. In Vorträgen, mit Filmen wurde versucht, immer mehr Menschen über Wesen, Vorgang und Folgen der Abtreibung aufzuklären.

In diesen 25 Jahren konnten mehr als 7000 Frauen von ihrem Entschluß, die Schwangerschaft vorzeitig abbrechen zu lassen, abgebracht werden. Mehr als 7000 Kinder, die bereits zum Tod verurteilt waren, leben. Die ältesten von ihnen dürften inzwischen selbst wieder Kinder in die Welt gesetzt haben.

7000 - nicht viel im Vergleich zu den 120.000 Kindern, die heute - selbst nach Schätzungen vorsichtig kalkulierender Fachleute - gesetzlich gedeckt den Tod erleiden, bevor sie ihr Leben außerhalb des Mutterleibes begonnen haben?

Immerhin 7000 Menschen, die vermutlich die Hilfe, die ihrer Mutter einst in ihrer Not von der Gemeinschaft „Rettet das Leben” zuteil wurde, mehr zu schätzen wissen als jene „Hilfe”, die das Gesetz heute Frauen in ähnlicher Lage verspricht.

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