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Sand im Getriebe der Universität
Es knirscht im Getriebe der Massenuniversität. Durchaus bewußt angepeilt als einer demokratischen Gesellschaft entsprechend, zeigt sie nicht nur den einstigen Skeptikern, sondern auch ihren Befürwortern heute Ausfallserscheinungen, die zu Sorge Anlaß geben.
„Mit Zahlen läßt sich trefflich streiten..." Wissenschaftsminister Hertha Firnberg konnte am 26. Februar in der Hochschulenquete des Parlaments vor Politikern, Professoren, Assistenten und Studenten stolze Zahlen aufführen, ohne deswegen die betroffenen Wissenschaftler von ihrem Glück überzeugen zu können.
Diesen brennt der Hut wenn keine Zeit zur Forschung bleibt weil Sitzungen über Sitzungen die Zeit wegnehmen; wenn die Dotierungen des Sachaufwandes nicht einmal mit der Inflationsrate steigen, geschweige denn den Nachholbedarf decken; wenn kein Geld da ist, um Zuschüsse zu Auslandsreisen zu zahlen, weil Berufungswerber zum „Vorsingen" eingeladen werden müssen.
von denen von vorneherein klar ist, daß sie keine Chancen besitzen.
Den Professoren brennt vor allem deshalb der Hut weil sie seit Jahr und Tag erleben müssen, wie Anträge, Wünsche, Beschwerden, Appelle, Resolutionen, Forderungen schon im Vorzimmer der Ressortchefin ausgefiltert werden und nicht einmal einer Antwort für wert gehalten werden.
Der materielle Erfolg beim Ausbau der österreichischen Universitäten (übrigens nicht erst seit 1970), die Verdoppelung der Bodenfläche, die Vermehrung um 4000 Planstellen, die
Vervierfachung des Budgets, all das ist nie bezweifelt worden.
Daß sich die Studentenzahl seit 1970 verdoppelt, seit 1954 versechsfacht hat und heute bei 120.000 Inskribenten steht war beabsichtigt und deutet die Größenordnungen an, die bewältigt werden mußten.
Wenn trotzdem hörbar der Sand im Getriebe knirscht, liegt es offenbar am System (und an jenen, die dieses System duchge-boxt haben, obwohl die Warnungen nie ausgesetzt hatten).
Jetzt von neuem eine Hochschulreformkommission einsetzen zu wollen, hätte nur dann einen Sinn, wenn sie eher dem ein-
stigen „Rat für Hochschulfragen" ähnelt. Ihn ließ Unterrichtsminister Theodor Piffl-Percevic frei arbeiten, ohne ihm Vorgaben zu setzen. Ergebnis war das Allgemeine Hochschulstudiengesetz, das - einstimmig verabschiedet — zehn Jahre diskussionslos funktionierte, bevor man anfing, an ihm herumzubasteln.
Für eine wie gewohnt nach Proporz und Standesgruppen zusammengesetzte Reformkommission, deren Ergebnisse dann — siehe Universitätsorganisationsgesetz
— vom Ministerium nur sehr eklektisch zur Kenntnis genommen würden, wäre wohl der Aufwand schade.
Daß „in Zeiten wie diesen" angesichts der allgemeinen Budgetmisere auch die — durchaus berechtigten — Wünsche der Professoren Illusionen bleiben müssen, ist bedauerlich. Umso mehr müßte man überlegen, wie man durch eine Flurbereinigung im Inneren der Universität — einschließlich ihrer Verwaltung im Ministerium
— die verfügbaren Mittel effektiver einsetzen könnte.
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