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Selbstentäußerung
Vorab aller Einwände gegen Strauß' Opernschmerzenskind sei der Gesellschaft der Musikfreunde ein Lorbeerkranz gewunden: Nach den Versagern der Wiener Festwochen („Fledermaus“), des Raimundtheaters und jüngst auch der Volksoper („Eine Nacht in Venedig“) hat sie als einzige Institution nicht nur einen unbekannten Strauß „ausgegraben“, sie hat ihn auch in brillanter Weise aufgeführt. Der konzertante „Ritter Päsmän“ war das einzig würdige Geburtstagsgeschenk, das dem jubilierenden „Walzerkönig“ in seiner Heimatstadt auf den Gabentisch gelegt wurde.
Für die Opernbühne ist dieser Päsmän freilich nicht zu retten. Dafür hat Ludwig Docsi, Legationsrat und „Poet“ aus Pest, der das Libretto verbrach, allzu gründlich gesorgt. Es geht um einen Kuß, der dem schönen Eheweib des ältlichen Ritters vom König gegeben wird und das nicht einmal auf die Schulter, sondern lediglich auf die Stirn. Der Ritters vom König gegeben wird, und am Ende durch einen Kuß versöhnt, den er der Königin geben darf (wieder auf die Stirn). Um das Unglück voll zu machen, spielt das Ganze im Ungarn des 14. Jahrhunderts und wird in Reimen erzählt, deren Albernheit das einzige Komische in dieser gar nicht „komischen“ Oper darstellen.
Aber auch die Musik zeigt kaum Straußens mit Recht in aller Welt so sehr geliebte Handschrift. Ludwig Speidel schrieb nach der Uraufführung im Jahre 1892, das Werk stelle eine „Selbstentäußerung“ des Komponisten dar, und nötige größte
Hochachtung ab, auch wenn es nicht gefallen sollte. Wahrlich, wie wenig er selbst ist Strauß doch in diesem Werk! Von der matten Ouvertüre an verbreitet die krampfhaft sich „seriös“ gebende Musik lähmende Langeweile, erst im zweiten Akt vermochte das zündende Arioso der Eva „O goldne Frucht am Lebensbaum“ (ganz fabelhaft: Trudeliese Schmidt) die Stimmung anzuheizen, die dann im dritten Akt, beim Csardas (dem einzigen Stück aus dem Päsmän, das überlebt hat) kulminierte. So wurde die Aufführung ein voller und verdienter Erfolg.
Maßgeblichen Anteil an ihm hatte vor allem Heinz Wollberg, der ORF-Orchester und -Chor durch sein offenkundiges Engagement zu Höchstleistungen inspirierte und die vorzüglichen Solisten, von denen nur der Interpret der Titelpartie (Eberhard Wächter) eine recht glanzlose Leistung bot. Nach Trudeliese Schmidt sind Josef Hopfer-wieser (König) und Sona Ghazarian (Königin) in gleicher Weise zu loben wie die Sänger der kleineren Partien, unter welchen einzig Artur Korn (Rodomonte) Gelegenheit hatte (und nützte), sich hervorzutun. Vielleicht trägt dieses verdienstvolle Unternehmen nun dazu bei, daß endlich jemand den Versuch macht, aufführbare Werke von Johann Strauß der Vergessenheit zu entreißen — „Karneval in Rom“, „Cagliostro“, „Das Spitzentuch der Königin“, „Der lustige Krieg“, begraben auf dem großen Kulturfriedhof der Musikgeschichte, harren ihrer Exhumierung... “
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