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Sorgen am Rhein

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Seit dem vollen Einsetzen der wirtschaftlichen Rezession in der Schweiz, vor allem im schweizerischen Rheintal, das an und für sich immer wirtschaftlich eher schwach war und diese Schwäche nur durch einige weltbekannte Paradeunternehmungen ausglich, wie die optischen Werke Wild in Heerbrugg (die

auch in Kärnten ein bedeutendes Werk besitzen und kürzlich die Leitz-Werke Wetzlar übernommen haben) oder die Stickereifabrik Jacob Roh-ner AG in Rebstein, ist die Lage der Vorarlberger Grenzgänger nach der Schweiz und auch nach Liechtenstein (wo die Rezession aber weniger in Erscheinung tritt, da man dort ja

kaum Steuern zahlt) sehr bedrohlich geworden. Ihre Zahl, auf dem Höhepunkt etwa 8000, ist bisher um rund ein Drittel zurückgegangen, und laufend werden weitere. Grenzgänger gekündigt. Da die Schweiz keine der österreichischen auch nur. annähernd vergleichbare Sozialgesetzgebung kennt und eigentlich der Dienstnehmerschutz nur im individuellen Arbeitsvertrag verankert ist, kann es vorkommen, daß auch Angestellte selbst nach zehn und mehr Jahren Dauer des Dienstverhältnisses mit einer Kündigungsfrist von nur zwei Monaten (und natürlich ohne Abfertigung) ausgeschieden werden.

Die Tausende von nach Österreich zurückkehrenden Grenzgängern in Vorarlberg in den Arbeitsprozeß einzuschalten, erwies sich als sehr schwierig. Der Versuch, die jugoslawischen und türkischen Gastarbeiter auszuscheiden, den vor allem das Landesarbeitsamt nachhaltig unternahm, führte zwar auch hier zu einer Herabsetzung der zur Spitzenzeit über 22.000 Personen zählenden Gastarbeiterzahl um ebenfalls etwa ein Drittel (der Reduktionsprozeß dauert an), doch lassen sich Hilfsarbeiter, wie das diese Gastarbeiter durchwegs sind, durch Facharbeiter, wie das die Grenzgänger sind, kaum ersetzen.

Dazu kommt, daß Vorarlberg, vorher das am meisten expandierende Bundesland, von der österreichischen

Rezession am stärksten betroffen wurde und an überdimensionierter Zunahme der Insolvenzen krankt. Die Ursachen dafür liegen vor allem bei der Struktur (zu viele Textüunter-nehmungen in einer Zeit vor allem der Textilwirtschaftskrise), müssen aber auch sonst noch weiter untersucht werden. Gäbe nicht die öffentliche Hand außerordentlich viel aus (Arlberg-Straßentunnel, Pfändertunnel, Autobahnbau im Walgau, Neubau des Gebäudes der Landesregierung, Bau eines Bregenzer Festspielhauses) und wären nicht halb oder ganz private Großbauten entstanden oder im Entstehen (Konsum-Großmärkte mit Forum-Kaufhäusern, 111-Park-Zentrum mit einem Holiday-Inn-Hotel in Feldkirch, Ach-Siedlung in Bregenz), so wäre die Lage vielleicht sogar sehr ernst, obwohl rein ziffernmäßig die Zahl der Beschäftigten nicht sinkt, sondern geringfügig steigt. Die zuständigen Behörden haben ausgerechnet, daß vor allem zufolge der durch die überdurchschnittlich große Zahl der Schulabgänger 1976/77 sich erhöhenden Zahl die Stellensuchenden noch heuer, spätestens 1976, 3500 Arbeitsuchende keine Arbeit finden können, wenn sich nichts Grundlegendes ändert.

Die schwierige Lage im Schweizer Grenzgebiet muß sich eben auf ein so grenzbezogenes Land wie Vorarlberg nachhaltig auswirken.

stellt. Die bisherige (ohnehin bereite stark ausgehöhlte) Differenzierung des Urlaub? nach Dienstalter hatte medizinisch und damit auch sozial seinen wohlerwogenen Grund: der ältere Mensch braucht eben mehr Erholung als der jüngere. Statt einer Uniformierung des Urlaubs wäre es richtiger, die frühere Differenzierung wieder herzustellen und die Urlaubsansprüche der älteren Arbeitskräfte zu verlängern.

AUGUST DOBBELING

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