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Tourismus in der Krise

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Jahrzehntelang glänzte Österreichs Fremdenverkehr so hell, daß ihn die meisten für unseren wichtigsten Wirtschaftszweig hielten - obwohl sein Reitrag zum Rruttonationalprodukt (der Summe aller Wirtschaftsleistungen eines Landes) nie den der geschmähten Industrie erreichte. Jetzt ist der Glanz weg: Seit 1992 geht die Zahl der Ubernachtungen konstant zurück. Experten haben wenig Zweifel, daß sich dieser Trend fortsetzen wird. Reson-ders betroffen ist dabei der Sommerfremdenverkehr. Für eine Rranche, die mit 115 Milliarden Schilling (zum Vergleich: das vielbejammerte Rudgetdefizit beträgt heuer 102 Milliarden Schilling!) verschuldet ist, weil sie in den letzten Jahren kräftig in die Qualität investieren mußte, aber nie ausreichend Eigenkapital hatte bilden können, ist das eine bedrohliche Entwicklung.

Österreicher, die in den Goldgräberzeiten des Tourismus schlecht behandelt wurden oder denen zugunsten eines D-Markschweren Gastes die Türe gewiesen wurde, werden vielleicht Schadenfreude empfinden. Diese ist aber unangebracht. Erstens ist Österreichs Fremdenverkehrswirtschaft nach einer entsprechenden Rewußtseinsbildung schon seit Jahren rührend um den heimischen Gast bemüht. Zweitens ist der Fremdenverkehr nach wie vor ein Lebensnerv der Wirtschaft -als Arbeitgeber und als Devisenbringer, viele Jahre wurde das traditionelle österreichische Handelsbilanzdefizit durch den Überschuß der Deviseneinnahmen aus dem Reiseverkehr weitgehend ausgeglichen. Mit dem Rückgang der Nächtigungen gingen nun auch die Deviseneinnahmen zurück (von 1993 auf 1994 um rund sieben Milliarden Schilling!).

Das allein wäre noch nicht dramatisch, würden nicht gleichzeitig die Devisenausgaben der Österreicher durch den Fernreiseboom rasant steigen: Seit 1980 haben sie sich fast verdreifacht, im letzten Jahr stiegen sie um zehn Milliarden. Fazit: Der Devisenüberschuß aus dem Reiseverkehr deckt das Defizit unserer Handelsbilanz nur mehr zu rund einem Drittel.

Die wichtigste Frage ist zweifellos die nach Ursachen und möglicher Abhilfe. Nach den Ursachen muß man nicht lange suchen: Lira- und Peseta-Abwertung haben Urlaube in diesen Ländern um 30 bis 40 Prozent billiger gemacht, und zu den Kosten eines Schiurlaubs in Österreich kann man sich auch in der Karibik die Sonne auf den Rauch scheinen lassen.

Schwieriger ist die Frage nach Abhilfe zu beantworten. Mit mehr Geld für die Werbung - so der dringende Wunsch der Fremdenverkehrswirtschaft - allein wird es nicht getan sein, man wird auch die Strategie gründlich überdenken müssen. Schließlich sind die Flugreisen nicht nur von, sondern auch nach Österreich billiger geworden ...

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