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Triumph eines Schauspielers

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Es gibt — allerdings sehr selten — im Film noch wirklich große schauspielerische Leistungen und nicht nur durch Perfektion der Technik und des Schnittes erzielte Vorspiegelungen. Das beweist Vittorio Gassman in Dino Risis Tragikomödie „Der Duft der Frauen“ (II profumo di donna). Dieses hierzulande mentalitätsmäßig wohl nur schwer sich erschließende, weil so typisch italienische „dramma giocoso“, jenes Erzählgenres des Ernsten und Traurigen auf heitere Art, das durch Goldoni und da Ponte berühmt wurde, berichtet von einem ehemaligen Offizier, der vor Jahren bei einem Manöver sein Augenlicht und eine Hand verloren hat und seither seine Verbitterung durch Zynismus, Sarkasmus und ständige Aggressivität verbirgt. Doch noch . immer g^lt für den einstigen Frauenhelden „la donna“ als Mittelpunkt des Lebens — doch deren Liebe hält er jetzt nur noch für Mitleid, das er verächtlich ablehnt (bis er zum Schluß bekehrt wird)... Und wer schon nicht von der Thematik berührt werden kann, muß zumindest von Gassmans hinreißender schauspielerischer Kunst fasziniert sein: hier erweist sich der Urkomödiant als wahrhaft großer und erschütternder Menschendarsteller, der als italienischer Gegenpol würdig einem Krauß oder Bassermann gegenübersteht. Sehenswert, wirklich sehenswert und bewunderungswürdig!

Dafür bieten einige große Namen große Enttäuschungen: Juan, Sohn des großen Luis Bunuel, liefert in seiner Verfilmung (Opus 3) der Ludwig Tieckschen Schauernovelle „Eleonore“ nur sich in dekorativer Oberflächlichkeit erschöpfende Langeweile, ein romantisch-phantastisches Horror-Kammerspiel um eine Schloßbesitzersgattin (Liv Ullmann), die nach zehnjähriger Grabesruhe durch die fanatische Entschlossenheit ihres Gatten (Michel Piccoli) wieder zum Leben erweckt, sich als kindermordender Vampir entpuppt, was natürlich für beide Teile böse, aber doch gemeinsam endet. Sehr unterkühlt arrangiert, archaisch stilisiert und gemäßigt schauerlich — Bunel-Kenner sollten auf das Werk des SohrTes, dem Papas Fußstapfen noch viel zu groß sind, nicht hereinfallen!

Eine nicht weniger große Enttäuschung bietet auch Pierre Granier-Deferres Politikerspektakel „Jet Set“ (im Original treffender „La Race des .Seigneurs,“ genannt, also sinngemäß etwa mit „Die herrschende Klasse“ übersetzbar), in dem an Hand des ach so tragischen Schicksals eines ehrgeizigen Parteipolitikers (Alain De-lon) der sich nicht zwischen der Liebe zu einem Sex-Top-Mannequin und einem Sozialminister-Posten entscheiden kann (was natürlich mit dem Tod des Mädchens endet), demonstriert wird, was für ein hartes Los es ist, Politiker zu sein — weil Politik eben auch so schmutzig ist... Stimmt haargenau, doch ganz anders als es diese in französischem Sim-mel-Stil gestaltete Hochglanz-Kolportage dem Publikum glauben machen will! Ein wahrhaft „gepflegter“ Film...

Und die endliche Aufführung des österreichischen Spielfilms von Mansur Madavi, „Die glücklichen Minuten des Georg Hauser“, beweist wenigstens, daß dieser begabte junge persisch-österreichische Filmschöpfer ein hervorragender Kameramann ist, die Hände aber vom Drehbuchschreiben (und Inszenieren) lassen sollte; immerhin wird jetzt verständlich, warum diese durch und durch pessimistisch-negative, angeblich „für unsere Gesellschaft symptomatische“ Schicksals(ver)zeichnung in Karlovy Vary und gewissen hiesigen Blättern ein „Erfolg“ genannt wurde...

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