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Ungenutzte Energiequelle Gülle

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Die Nitratverseuchung des Grundwassers ist ein Pro- blem, das zunehmend an Bedeu- tung gewinnt. Eine der Haupt- ursachen für diese gesund- heitsgefährdende Belastung des Wassers ist die Überdüngung in der Landwirtschaft. Eine Mög- lichkeit, dieses Problem zu ver- ringern, liegt in der Verwertung des bei der Tierzucht anfallen- den Stallmists in Biogasanlagen. Durch die Einwirkung von ganz speziellen Bakterien wird in diesen Anlagen das Nitrat in Biogas, das überwiegend aus brennbarem Methan besteht, umgewandelt.

Diese Form der Energiegewin- nung aus Biomasse erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren. Die meisten Anlagen arbeiten mit einer Faultemperatur von rund 35 Grad und bedürfen eines ei- nigermaßen aufwendigen ap- parativen Verfahren. Die Gülle muß zuerst zu einem Gemisch verarbeitet werden, das gut flie- ßen kann. Im Faulbehälter, der von der Luft abgeschlossen ist, muß die Masse immer wieder bewegt werden, damit die Mikroorganis- men überall hingelangen können. Erforderlich sind auch Ein- richtungen der Sicherheits- und Re- geltechnik. Eine gute Anlage sollte - um umweltverträglich zu sein - auch die Neutralisierung von Schwefelwasserstoffen und das Ab- scheiden von Schwermetallen ge- währleisten.

Dieses Biogas kann genauso wie Erdgas verwendet werden. Am ra- tionellsten wird es wohl dann ge- nutzt, wenn es zum Antrieb einer Kraft-Wärme-Maschine verwendet, also zur Strom- und Wärmeerzeu- gung eingesetzt wird. Dies geschieht beispielsweise in einer Musteranla- ge der „Kartoffelverwertung Hol- labrunn" in Niederösterreich, die auf diese Weise ihre Produktions- abfälle verwertet (FURCHE 20/ 1987). Geeignete Verfahren der Bio- gasherstellung gibt es zwar, aber sie kommen bisher immer noch viel zu wenig zum Einsatz. Derzeit spielt Biogas so gut wie keine Rolle. Und das ist schade. Denn das Potential wäre beachtlich. Berechnungen für die BRD ergaben, daß im deutschen Stallmist etwa fast ebenso viel Energie schlummert, wie die deut- schen Atomkraftwerke im Jahr an Elektrizität erzeugen („natur" 5/ 1987).

Solche Berechnung gehen von einer vollständigen Verwertung allen anfallenden Mistes aus und sind daher zweifellos als nicht er- reichbare Obergrenze anzusehen. Sie geben aber eine Vorstellung von der Größenordnung der Möglich- keiten. Doch auch hier steht dem Einsatz vor allem die betriebswirt- schaftlich ungünstige Rechnung entgegen. Es schlägt nämlich die größere Umweltverträglichkeit der vergorenen Gülle kostenmä- ßig nicht ausreichend zu Buche, es wird der verbesserten Boden- qualität nicht entsprechend Rechnung getragen.

Dabei sind die Vorteile der Energie aus Biogas beachtlich:

• Sie kann dezentral erzeugt und genutzt werden,

• ist ein unmittelbarer Ersatz für fossile Energieträger,

• ist speicherfähig,

• kann daher Verbrauchsspit- zen abdecken,

• bereitet ein geringes Sicher- heitsrisiko und

• liefert einen Ersatz für den mit weitaus mehr Energie her- gestellten Handelsdünger.

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