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Viel geplant - wenig realisiert

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Die Kritik am Mattersburger Institut für politische Bildung nimmt zu: Nach der FURCHE (Nr. 44: „Millionenfaß ohne Boden") begann sich auch die „österreichische Politische Korrespondenz" (ÖPK), ihres Zeichens Nachrichtenagentur im Vorfeld der Industriellenvereinigung, kritisch mit dem Mattersburger Wirken zu befassen.

Schon im Oktober 1977 hatte die „Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft" in einer Studienarbeit zum Thema „Erwachsenenbildung zwischen Zwang und Freiheit" die Vorgeschichte der Errichtung des Trägervereins kritisch beleuchtet. Bundesminister FredSinowatzwollte aus dem Institut eine Art „nachgeordneter Behörde" machen und solcherart die Verbände der Erwachsenenbildung durch ein neues Staatsmonopol von dieser wichtigen Bildungsaufgabe zurückdrängen.

Der steirische Landesrat Kurt Jungwirth kommentierte diese Verstaatlichungsabsicht damals mit der harten Feststellung: „Regierungsinstitute für politische Bildung sind mit westlichen Vorstellungen von Demokratie unvereinbar". Sinowatz lenkte ein, und so entstand jene Konstruktion, die ein Zusammenwirken von Bund, Ländern und Erwachsenenbildungsorganisationen garantieren sollte.

Der Effekt freilich ist mager: Hatten sich die Träger der Erwachse-nenbüdung eine Servicestelle erwartet, die ihnen' bei der Materialbeschaffung in ähnlicher Weise behilflich sein sollte wie etwa die bundesdeutsche Zentrale für politische Bildung in Bonn und die Kassetten, Skripten, Lehrmethoden und ähnlich Praktisches produzieren würde, so hatten die beiden Geschäftsführer des Instituts ganz andere Absichten: „Sie wollen Projekte machen, die sie nicht machen dürfen, und das, was sie machen sollen, freut sie nicht", formuliert ein Vorstandsmitglied des Instituts.

Projekte wie „Arbeitsplätze für den Hausruck" oder „Verhaltenstraining für Lehrer" lassen den Konnex zur politischen Bildung kaum noch erahnen, weshalb zu ihnen der wissenschaftliche Beirat dann auch prompt und pflichtbewußt nein sagte. Wie überhaupt der wissenschaftliche Beirat oft Anlaß zum Neinsagen hat: An die 60 Projekte wurden bisher vorgelegt, keine zehn davon fanden -ganz offenbar zu Recht - Gnade vor den kritischen Beiratsaugen. Doch auch von diesen wurde nur die Hälfte bisher ausgeführt.

Die wirklich drängenden und dringenden Probleme liegen auf Eis: nicht einmal zur mit Sicherheit in den achtziger Jahren ins Haus stehenden Bildungsfreistellung gibt es Projekte, von Angeboten auf dem Kassetten-, Film-, Ton- und Skriptensektor gar nicht zu reden.

Während das bundesdeutsche Pendant auch umfangreich publiziert, treten die Mattersburger leise: fünf Jahre nach der Gründung des Instituts erschien im Spätsommer

dieses Jahres die erste Folge einer vierteljährlich avisierten Zeitschrift' für politische Bildung. Der Inhalt: die Schriftform von Redebeiträgen anläßlich einer Enquete zur politischen Bildung im September 1978. Kommentar in Fachkreisen: Um ein Jahr alte Reden zu einer so aktuellen und lebendigen Materie wie der politischen Bildung nachzulesen, hätte man keine „Zeitschrift", sondern eher eine „Archivschrift" gebraucht.

Das Hauptproblem des Mattersburger Instituts bei allen diesen Dingen scheint im Management zu hegen: Der eine Geschäftsführer ist in Wien beheimatet und bei der Arbeiterkammer engagiert, der andere

wohnt in Salzburg und lehrt an der Universität in Münster. In Matters-burg sind beide nur zu Gast. Und auch das nur, wenn nicht gerade eine sechswöchige Bildungsreise zum Studium der politischen Bildung in Südafrika absolviert wird, wie das kürzlich einer der Geschäftsführer tat.

Die „klassischen" Bildungsorganisationen beklagen wohl zu Recht schon in der erwähnten Schrift der Sozialwissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft des Jahres 1977 die Millionen, die das alles kostet. Millionen, die auf der anderen Seite ihnen für ihre Arbeit fehlen.

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