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Vorurteile — und wii man sie überwindet

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Die Rolle der Kunst bei der Uberwindung von nationalen Voreingenommenheiten war das Thema der „Profile 81", eines internationalen Symposions am 10. und 11. 9. in St. Veit an der Glan. Genauso gut hätte man über die Kunst als ein Mittel zur Uberwindung von ideologischen Gegensätzen sprechen können. So weit wollte man aber in St. Veit nicht gehen.

Eine Kunst ohne Voreingenommenheit gibt es nicht — Prof. A. Natew aus Bulgarien sagte es deutlich. Er sieht die Kunst, vor allem die Literatur, als ein Mittel im Kampf für Freiheit. An diesem Wort schieden sich freilich die Geister.

Peter Turrini attackierte leidenschaftlich unsere Welt, die nicht bereit ist, den

Künstler richtig zu verstehen.

Versöhnliches war vor allem von österreichischer Seite zu hören; vielleicht sogar der Wille, die Frage lieber auf Grund von Goethes und Les-sings Werk zu behandeln.

Für Witold Wirpsza, den polnischen Lyriker, war die Voreingenommenheit, im edlen Sinn des Wortes, ein Schutzwall gegen den Ansturm der grausamen Realität, die seine Landsleute bedrängt. „Profile 81" wollten die Voreingenommenheiten im Kreis der Teilnehmer abschaffen. Dies gelang nicht. Wir wissen aber wenigstens, woran wir sind: Mit Voreingenommenheiten werden wir nicht leicht und bald fertig. Wir werden mit ihnen leben müssen.

ausgelöst. Geographieprofessor, wie jetzt er, aber eine komische Figur. Nicht imstande, gewisse Buchstaben auszusprechen, ohne zu spucken. Und das besonders, wenn er begeistert war. Die Schüler in den ersten Reihen kannten die Indizien für seine aufkommende Begeisterung und gingen rechtzeitig in Deckung. Aber im Falle Bali war alles zu spät. Da schäumte Axmanns Begeisterung buchstäblich über. Axmann sprach viel von der südlichen Sonne in Bali. Doch in der Klasse war Regenzeit, während er sprach. Und dann, am Schluß seines Vortrages, kam der Clou. „In Bali ist alles anders!" behauptete er.

Das wurde für seine Schüler zur stehenden Wendung. Wenn ihnen der Klassenvorstand auf die Nerven ging, wenn sie die Mathematikschularbeit verhauten, wenn sie ein Klassenmatch verloren … Wann immer sie Trost und Selbstironie nötig hatten, nahmen sie zu Axmanns Worten Zuflucht. Sogar als Pawlowsky rausflog, verabschiedete er sich mit diesem Spruch.

Ihr Bali-Gerde war also niemals ganz ernst. Aber vielleicht steckte ein Ernst dahinter, den sie damals noch nicht ahnten. Vielleicht hatte ihnen Axmann, der zu so altmodischen Auffassungen von Erziehung neigte, wirklich was fürs Leben mitgegeben. Vielleicht hatte er ihnen unversehens ein Symbol geschenkt.

Zumindest für Swoboda verhielt es sich so. Oder war es ein Zufall, daß der Roman, den er seit Jahren zu schreiben versuchte, Bali hieß? Es ging darin um einen Mann namens Franz, der sein Leben lang nach Bali reisen will, diesen Wunsch aber nach und nach verdrängt. Es ging um Wünsche und darum, wie sie zu Illusionen werden.

Ende des Monats mache er Schluß, sagte Fxanz. Er kündige, haue ab, über alle Berge. Mit Franziska, sagte er, würde er reden. Und mit seinen Alten auch. Im rechten Moment. Entschlossen stützte er seine Ellbogen mit den Ärmelschonern aus Filz auf den Schreibtisch. Oder biß vorfreudig in sein Käsebrot, Fettpapier auf der Löschunterlage. Oder sprang unternehmungslustig aus dem Paternoster, früher, als andere. Oder suchte verträumt sein Spiegelbild im Roten, zwölffünfzig das Viertel…

Nein, angelegt war der Roman nicht autobiographisch. Swobodas Vorname war nicht Franz, sondern Erich. Er war kein kleiner Beamter, sondern ein Lehrer. Und in so mancher Hinsicht war er das gern. Andererseits hatte natürlich auch er die Erfüllung seiner Wünsche und Pläne aufgeschoben. Aber er dachte: aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Schon wahr: er hatte seine schriftstellerischen Ambitionen aus privaten Gründen zurückgestellt. Aber er sagte: gut Ding braucht ohnehin Weile.

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