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Was gab und gibt es Neues?

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Was im Licht der Scheinwerfer glänzte, war nicht immer Gold, zuweilen nur Schein, und der Wurf blieb aus. Und doch ist der Blick zurück ohne Zorn, denn man gab mit den vorhandenen Mitteln Gutes, hielt Haus, ohne an Niveau abzusinken, und wahrte den unter Herbert Wochinz erreichten Rang ohne wesentliche Einbuße; so kann die Bilanz dieses Jahres Gewinn ausweisen und künstlerisch bestehen, auch wenn ein unnötiger Labiche, „Die Stiftung“, unter den Erwartungen blieb.

Da war schon die Erstaufführung im Studio von ungleich höherem Niveau. James Saunders' Stück „Ein Eremit wird entdeckt“ wurde zur beachtlichen Entdeckung für ein Publikum, das nach Neuem aus ist.

Bleiben wir auch gleich bei der nächsten Studioaufführung, bei Pavel Kohout und seinem an Ironie schweren, mit groteskem Humor an-gereichterten „Krieg im dritten Stock“. Es bedarf nicht der Weite , des Schlachtfeldes, es genügen Stiegenhaus und Zimmer, um durch ad hoc gemusterte und bewaffnete Opfer einen ginnlosen Krieg auszutragen. Die Kämpfer fallen als Vertreter ihrer Länder, die Generale teilen die Ehre.

Schwere Kost für arglose Besucher wurde mit Paul Claudels glaubensbefrachtetem Schauspiel „Der Bürge“ serviert und — man freue sich — von jenen akzeptiert, die dem Dichter zu begegnen wußten und der Sprache seines Stückes, das Mitgehen fordert.

Soweit vom Theater der bisherigen Spielzeit 1976, ein Blick bis Ende der Saison sei getan: Das Schauspiel bereitet Aristophanes' „Der Frieden“ vor, den Peter Hacks auf seine Weise mit dem antiken Spötter geschlossen hat, und weil der Gast Zarko Petan Regie führt, darf man erwarten, daß der Witz ohne Rücksicht auf Verluste dominieren wird, die Satire aber nicht zu kurz kommt.

Beim Erscheinen dieser Zeilen hat Adolphe Adams liebenswürdiges Ballett „Gisele“ Premiere, die unter der Doppelchoreographie von Evo Geczy und Fred Marteny, Leben gewonnen haben mag. Hier aber sind wir bei der Sparte „Ballett“, die in Klagenfurt besondere Geltung hat. Während man anderswo einer fix verpflichteten Gruppe ein paar Minuten Operettenaufputz und Musi-caldecor überläßt, sie ansonsten aber statt zu schöpferischem Tanz zu geruhsamem Spaziergang bestimmt, hat sich Wochinz auf ein Produktionsensemble festgelegt, das neben laufenden Verpflichtungen ganze Abende zu gestalten hat, wie dies mit einem Studioballett der Fall war, das sich auch anderweitig rühmlich bewährte. Kräfte aus aller Herren Ländern gehören dem Corps an wie bei „Gisele“ mit Diana Cawley, Youri Vamos, Istvän Racz u. a. und erweisen sich als Könner von hohen Graden.

Am 6. Mai tritt eine Gruppe von Weltruf in Klagenfurt auf, Ausgangspunkt einer Fahrt, die über Graz nach Wien führen soll; dort wird man in der Stadthalle dem „Ballet thiätre contemporain“, dem ersten nationalen choreographischen Zentrum Frankreichs begegnen, das seinerzeit der Kultusminister Andre Malraux ins Leben gerufen hat. Einem Ensemble von Format sind u. a. „Itineraire“ (Berio), „Requiem“ (Ligeti), „Sans titre“ (Strawinsky) und „Mobilissimo“ (Ives) überlassen, für welch letzteres der Schöpfer der „mobiles“ Alexander Calder als „scenograph“ zeichnet.

Wochinz wird Ballettverliebtheit nachgesagt. Wir möchten lieber „nachgerühmt“ sagen, denn er führt behutsam ein eher widerspenstiges Publikum einer Sparte näher, die man sonst nebenbei mitzunehmen pflegt. Und während man sich hier der Pas, Posen und Figuren freuen wird, gastiert Klagenfurt in Barcelona: „El Murcielago“ (hätten sie darunter die „Fledermaus“ vermutet?) und „Der Zigeunerbaron“ stehen auf dem Programm,

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