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Heißes Eisen
In Polen wurden um das vergangene Wochenende herum zwei bedeutsame Reden gehalten. In Allen-stein im ehemaligen deutschen Ostpreußen gab in Anwesenheit von anderen Vertretern des Episkopats Kardinal Wyszynski wieder einmal der nicht überall klar erkannten Überzeugung Ausdruck, daß in der Frage der Oder-Neiße-Grenze es keinerlei Unterschiede in den Anschauungen der Katholiken wie der kommunistischen Regierung Polens gäbe.
Im polnischen Parlament aber forderte der Abgeordnete und Sprecher der katholischen Znak-Gruppe, Stanislaus Stomma, das erste Mal in offener Rede direkte Gespräche zwischen der polnischen Regierung und dem Vatikan. Das Thema ist, wie jeder Kenner der polnischen Verhältnisse weiß, nicht neu. Schon seit vielen Monaten wird es in katholischen Kreisen Polens, aber auch im Episkopat des Landes, diskutiert. Pro und kontra werden abgewogen. Wenn der wegen seiner Vorsicht und Behutsamkeit genauso wie wegen seiner bedingungslosen Loyalität der kirchlichen Hierarchie gegenüber bekannte katholische Abgeordnete und Dozent für Strafrecht in Krakau dieses „heiße Eisen“ in aller Öffentlichkeit anfaßt, so war er sich gewiß der Verantwortung voll bewußt.
Keinen guten Dienst aber haben der heiklen Situation jener im öffentlichen Leben für die Kirche wirkenden polnischen Katholiken die westlichen Kommentatoren bewiesen, die Stommas Worte sofort als eine Kritik an der Haltung Kardinal Wyszynskis interpretieren wollten.
Wie überall auf der Welt sind auch in Polen die Laien mündig. Wie überall mag es in dieser oder jener weltlichen Frage einmal ein Bischof eine andere Meinung haben
als ein in verantwortlicher Position wirkender Laie. Daraus aber gleich die Aufforderung herauszulesen, Kardinal Wyszynski zu umgehen, ist eine Vergröberung und unnötige Dramatisierung der Situation.
So hilft man nicht den polnischen Katholiken.
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