Christsein und Corona
Ein neuer Sammelband – mit Beiträgen von Walter Kasper über Tomáš Halík bis zum Papst – reflektiert die Folgen der aktuellen Krise für das christliche Selbstverständnis.
Ein neuer Sammelband – mit Beiträgen von Walter Kasper über Tomáš Halík bis zum Papst – reflektiert die Folgen der aktuellen Krise für das christliche Selbstverständnis.
„Corona hat das bürgerliche Sicherheitsgefühl infrage gestellt. Die Kontingenz hat uns eingeholt“: So lautet die Analyse von Kardinal Walter Kasper, der zusammen mit dem Pallotinnerprofessor George Augustin als Herausgeber des Sammelbandes „Christsein und die Corona-Krise“ fungiert. Und Kasper bringt damit verbundene Ängste auf den Punkt: „Als Christen müssen wir in erster Linie wissen, wer wir sind, woraus wir leben und worauf wir hoffen.“ Hilft das? So ist es gedacht. Unter den elf Autoren findet sich auch Papst Franziskus. Er war, wie Kasper im Nachwort verrät, „der schnellste von allen“ (Angefragten): „er hat schon nach drei Tagen prompt auf die Bitte um ein Geleitwort reagiert.“ Seine Stichworte: „Verwundbarkeit“, „Hinfälligkeit“, „Erlösungsbedürftigkeit“.
„Die Pandemie“, die Franziskus als „Alarmzeichen“ wertet, „stellt uns grundlegende Fragen“. Dass er darin auch „eine Zeit der Prüfung und der Entscheidung“ sieht, mag man als päpstliche Pflichtrhetorik abtun. Vor allem jedoch tröstet er. Die Pandemie habe, über viele Grenzen hinweg, Solidarität bewirkt: „Die Gefahr der Ansteckung durch einen Virus soll uns eine andere Art der Ansteckung lehren, die Ansteckung von der Liebe, die von Herz zu Herz übertragen wird.“ Wenn das kein frommer Wunsch bleiben soll, sind Christen gefordert!
Karsamstag als Symbol für heute
In fast allen Beiträgen von Walter Kasper, Kurt Koch, Bruno Forte, George Augustin, Thomas Söding, Holger Zaborowski, Tomáš Halík, Jan-Heiner Tück, Mark-David James und Karl Wallner wird auf die eindrückliche eucharistische Andacht mit Franziskus am 27. März in der Abenddämmerung auf dem menschenleeren Petersplatz Bezug genommen (siehe Bild). Dass für viele Gläubige „der Karsamstag zum Symbol für ihre Lebenssituation in der Corona-Krise“ geworden sei, ist noch der erhellendste Gedanke in dem ansonsten schwachen Beitrag des Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Kurt Koch – der, ohne ihn namentlich zu nennen, einen Bischof kritisiert, der vor einer „Fixierung auf die Eucharistie“ in
Corona-Zeiten gewarnt hatte. Auch bemängelt Kardinal Koch das Aufkommen der Vokabel „Geistermessen“ als „diskriminierend“. Sowohl Theologen wie Bischöfe haben differenzierter vor solchen Engführungen gewarnt, als es hier geschieht. Virologie und Glauben, Impfung und Gebet: Lässt sich das gegeneinander ausspielen?
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