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Erbetete Einheit der Christen

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Die Coinmunaute de Taize begann 1939 als eine Art „Dritter Orden“ — Schütz, damals Theologiestudent in Lausanne, sammelte einige Freunde zu gemeinsamer Arbeit und gemeinsamem Gebet um sich. Auf der Suche nach einem Haus traf Schütz auf ein unbewohntes Anwesen in dem fast verlassenen Dorf Taize in Burgund, nahe Cluny, dem einst so strahlkräftigen Zentrum mittelalterlichen Mönchtums. 1949 legen die ersten Brüder ihre Profeß ab. Heute zählt die Gemeinschaft mehr als 50 Brüder, die aus verschiedenen Kirchen der Reformation kalvinistischer und lutherischer Tradition und aus verschiedenen Ländern Europas kommen. Ihr Leben ist entscheidend bestimmt durch das zentrale Anliegen der sichtbaren Einheit unter den Christen in einer Kirche, den Leib des Herrn. Sie feiern ihre Gottesdienste in der katholischen Kirche von Taize. Da diese nun zu klein wurde, baute die deutsche Aktion „Sühnezeichen“ für sie ein Gotteshaus, die „Kirche der Versöhnung“, deren Krypta für die katholische Meßfeier bestimmt ist. Die Communaute ergriff auch die Initiative zu den „Begegnungen von Cormatin“: In dem Taize benachbarten Cormatin wurde ein Studienzentrum für Tagungen und Seminare im Dienste der Ökumene errichtet, durch die, objektiv informiert, Vorurteile abgebaut und ein Geist der Offenheit geschaffen werden soll.

Was erwartet sich die Gemeinschaft von Taize vom Konzil? Auf diese Frage antwortet eine Schrift des Priors, in der er die Ankündigung des Zweiten Vatikanums einen „Schock“ nennt, der die ökumenische Entwicklung beschleunigte und in der protestantischen Welt große Hoffnung weckte. Die Vorbereitungen der Katholiken und die Hoffnung der Protestanten nennt Schütz „sehr günstige Voraussetzungen für die sichtbare Einheit der Christen“. Diese Einheit sei jedoch wiederum nur für die Erfüllung des Gebets des Herrn: „Laß sie alle eins sein, damit die Welt glaube.“ Die Einheit der Christen ist die Voraussetzung für ihr Wirksamwerden in einer Welt des Unglaubens. „Wenn die Katholiken auch die römische Kirche als das Zentrum dieser sichtbaren Einheit betrachten, so werden die kirchlichen Amtsträger doch nicht zögern, alles Reformbedürftige zu reformieren, die christlichen Grundwerte der anderen christlichen Kirche zu studieren, die Einheit vor allem zum Gegenstand ihres Gebets zu machen.“

Nicht ein Konzil von Theologen wird die Wiedervereinigung allein herbeiführen können. Tausend kleine Chancen im Leben jedes Getauften müssen genützt werden, um dieses Fernziel zu erreichen. „In meiner Nachbarschaft befindet sich ein Franziskanerkloster“, erzählte eine anglikanische Theologin aus Cambridge, die dem Kreis um den anglikanischen Konzilsbeobachter Canon Pawley angehört. „Die Franziskaner haben eine Katze, die mich täglich zu besuchen pflegt. Da sie sich eines Tages für ständig bei mir niederlassen wollte, war ich gezwungen, sie zurückzutragen. An diesem Abend hatte ich eine dreistündige Debatte mit dem Prior über die Spiritualität des heiligen Franziskus von Assisi.“ Nun ist die Angli-kanerin dabei, nach längerem Aufenthalt in Assisi, über diesen Heiligen ein Buch zu schreiben, „weil ich meine Glaubensgenossen näher mit ihm bekanntmachen möchte“.

Meinungen, Gespräche, Begebenheiten am Rande des Konzils — gewiß, aber sie demonstrieren eine Offenheit der Gesinnungen, ein aufgeschlossenes Klima in der Konzilsstadt, das uns zur Hoffnung ermutigt.

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