Wer schützt hier wen?

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Seit es die EU-Grenzen gibt, ist alles nicht mehr so, wie es einmal war: Keine Uniformen, keine Grenzbalken, kein prickelndes Warten, kein Überlegen: haben wir zuviel gekauft, sollen wir das oder jenes nicht doch angeben, kein Fragen mehr: Haben Sie etwas zu verzollen?, kein zögerliches, nein, wir haben nur Proviant, kein erlösendes Durchwinken, kein Aufatmen: na endlich, alles gut gegangen, - kurz: keine wie immer geartete Form der Zuwendung. Nur ein bißchen weniger Gasfuß, das ist alles, was geblieben ist. Nein, irgendwie schade um das alles, man hat sich schon so daran gewöhnt. Es geht einem richtig ab, dieses prickelnde Grenzerlebnis, das einem unvergeßliche Stunden bereitet hat.

Ich glaube, ich fahr demnächst wieder nach Tschechien, dort ist die gute alte Grenzwelt noch in Ordnung. Ja, sie soll, wie man hört, sogar noch ein bißchen ordentlicher geworden sein, seit die EU-Grenzen flach liegen.

Dieses Warten an der Grenze hat ja durchaus Vorteile. Man kann in Ruhe plaudern, man kann seinen Mitmenschen in Ruhe ins Gesicht schauen und vor allem, man fühlt sich nicht allein in der unübersehbaren Schlange der Wartenden. Alles Vorteile, die EU-Grenzen leider nicht mehr bieten.

Außerdem hatten frühere Grenzzeremonien auch für die kaufwütigste Gattin doch irgendwie abschreckende Wirkung. So konnte es passieren, daß sie statt fünf Handtaschen doch nur zwei kaufte. Diesbezüglich gibt es jetzt keine Hemmnisse mehr. Die einzige Grenze ist das Kugelmaß des Kofferraums, und der wird, wie wir wissen, von Neuauto zu Neuauto immer voluminöser.

Die neuen EU-Grenzen sind also nicht nur ein erlebnismäßiges Problem, sondern vor allem ein ökonomisches Problem für gattinfinanzierende Ehemänner.

Und was dem Faß den Boden ausschlägt, das ist wohl die mangelnde Präsenz der Staatsgewalt. Wenn einem nicht ab und zu wo ein Polizist einen Zahlschein fürs Falschparken hinter den Scheibenwischer klemmen würde, man wüßte ja gar nicht mehr, daß da wer für Ordnung sorgt.

Also die Frage nach wer schützt wen und wie oft und wie innig, die brennt uns jetzt schon unter den EU-geöffneten Grenznägeln.

Diese vagen Drohungen mit jederzeitiger Kontrolle irgendwo und irgendwann, wen schrecken die schon ab?

Also gut, daß uns noch Ost- und Nordgrenzen in alter Güte geblieben sind, man weiß ja ohnehin nicht wie lange. Was dann ist, das kann sich nur der vorstellen, der jetzt schon Wind und Wetter und Hase und Igel wildwechselnd ohne Grenzskrupel von hic nach hoc hopsen sieht.

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