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Die Bundeslanderschere

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Im Jahre 1969 — so stellt das Wirtschaftsforschungsinstitut in einem kürzlich veröffentlichten Jahresrückblick fest — nahm die österreichische Wirtschaft einen deutlichen Aufschwung. Obwohl zwischen den Bundesländern regionale Unterschiede sowohl im mittelfristigen Wachstumstrend als auch in der kurzfristigen Konjunkturentwicklung bestehen, blieb dennoch so gut wie kein Bundesland im „Konjunkturschatten“.

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Im Jahre 1969 — so stellt das Wirtschaftsforschungsinstitut in einem kürzlich veröffentlichten Jahresrückblick fest — nahm die österreichische Wirtschaft einen deutlichen Aufschwung. Obwohl zwischen den Bundesländern regionale Unterschiede sowohl im mittelfristigen Wachstumstrend als auch in der kurzfristigen Konjunkturentwicklung bestehen, blieb dennoch so gut wie kein Bundesland im „Konjunkturschatten“.

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Den stärksten Aufschwung nahm die Wirtschaft in Salzburg und Vorarlberg, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß die Nachfrage nach Arbeitskräften zum Teil durch das Ansteigen des örtlichen Angebotes, zum anderen (größeren) Teil durch ausländische Gastarbeiter befriedigt wurde. Die stärksten Impulse ergaben sich für die Salzburger Wirtschaft vom Außenhandel her; der Warenexport stieg um ein Drittel und regte die Industrie stark an. Daneben expandierten — bei allgemein recht gleichmäßiger Entwicklung — Bauwirtschaft, Fremdenverkehr und damit verbundene Dienstleistungsbereiche weit über den Durchschnitt.

Als Industrieland profitierte Vorarlberg vor allem aus der Industriekonjunktur. Die allzu große Abhängigkeit von der Textilwirtschaft wurde durch die Produktionssteigerung in der Eisen- und Holzverarbeitung gemildert. Dagegen erlitt das Baugewerbe, ebenso wie in Tirol, empfindliche Einbußen. Die Industrie wuchs nur durchschnittlich, jedoch stiegen der Fremdenverkehr und die damit verbundenen Dienstleistungen. Die Beschäftigungsausweitung Tirols blieb unter dem langfristigen Trend. In Oberösterreich stiegen Produktion und Beschäftigung in der Industrie stärker als im übrigen Bundesgebiet. Die hohe Exportabhängigkeit — vor allem der Schwerindustrie und der Papierverarbeitung — ergibt für die oberösterreichische Wirtschaft stärkere Konjunkturschwankungen als für die Gesamtwirtschaft; das mittelfristige Wachstum entspricht jedoch in etwa dem österreichischen Durchschnitt. Niederösterreichs Wirtschaft konnte weitere große Fortschritte machen., gekennzeichnet durch hohe Produktionszuwachsraten in der Eisenverarbeitung und in der Konsumgüterindustrie. Die Beschäftigung stieg rascher als im Bundesdurchschnitt und im langjährigen Trend.

Die südlichen Bundesländer verzeichneten einen späteren und nicht so stark entwickelten Konjunkturaufschwung als das übrige Bundesgebiet. Besonders in Kärnten scheint die Kapazität der Haupterwerbsquelle, des Fremdenverkehrs, nahezu ausgeschöpft; er war trotz leichter Gewinne im Winterfremdenverkehr (verglichen mit dem Fremdenverkehr der Seengebiete) nicht mehr zu steigern. Die Industrie hingegen erzielte kräftige Umsatzsteigerungen (vor allem Buntmetalle und Magne-siterzeugnisse waren gefragt). Der Bau der Adria-Wien-Pipeline gab der Bauwirtschaft kräftigen Auftrieb. Das Wirtschaftswachstum der Steiermark war, ähnlich dem längerfristigen Trend, etwas schwächer als im gesamten Bundesgebiet. Die Schwerindustrie und Eisenverarbeitung erholten sich, die Bauwirtschaft konnte sich relativ gut behaupten. Der Fremdenverkehr stagnierte wie in allen mittleren und östlichen Landesteilen mit Ausnahme Wiens. Das Burgenland erweiterte seine gewerbliche Wdrtschaft, obwohl es nach wie vor stark agrarisch orientiert ist. Die hauptsächlich von der Textilindustrie getragene Gründungswelle der ersten Hälfte der sechziger Jahre ist jedoch weitgehend verebbt. Obwohl in Wien günstige Voraussetzungen bestünden, erschweren Arbeitskräfteknappheit und Überlastungserscheinungen der Großstadt eine weitere Expansion. Bauwirtschaft und Dienstleistungszweige litten unter der schwachen lokalen Nachfrage.

Alles in allem ist die „Schere“ weiter offen: im Westen geht alles schneller, im Osten langsamer.

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