Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Meine Schule
Vor kurzem wurde ich eingeladen, in meiner früheren Schule eine Lesung zu gestalten. Meine Lehrer wiederzusehen, hat mich sowohl gefreut als auch nachdenklich gestimmt. Zwei Professoren sagten, daß sie „Gott sei Dank neben dem Unterrichten noch was anderes machen”. Wenn ich diese Aussage dem Jubelschrei einer jungen Lehrerin gegenüberstelle, die mir unlängst überglücklich berichtete, daß sie nach der Ausbildung wie durch ein Wunder gleich eine Stelle angeboten bekommerfrhat, dann frage ich mich: Was passiert auf der Strecke vom beglückten Lehran tritt bis zum resignierten Altprofi, der sich einen Erholungsnebenjob suchen muß, um den Beruf zu ertragen? AVenn man die lange Wartezeit auf Ijehrer-stellen und die große Anzahl derer, die gerne Lehrer werden wollen, ansieht, sollte man meinen, daß es sich hier um einen Traumberuf handelt.
Was könnte das sein, das die Lehrer später so unglücklich macht? Sind es die Kinder, die so schwer erziehbar geworden sind? Oder sind es die Eltern, die sich für die Erziehung nicht mehr verantwortlich zeigen? Welche Bürger wünscht sich eigentlich der Staat? Wenn man davon ausgeht, daß es die Kinder von heute sind, die den Staat von morgen ausmachen, müßte man umgekehrt fragen: Welchen Staat wünschen sich die Kinder? Und wer hilft ihnen bei der Verwirklichung ihrer selbst und ihrer Ideen?
Meiner Meinung nach schiebt man die Beantwortung dieser wesentlichen Zukunftsfrage ab, indem man die Eltern weiterhin die Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder auf die Schule schieben läßt und die Lehrer weiterhin darüber klagen läßt, daß die Eltern bei der Erziehung sehr unkooperativ geworden sind. Man läßt alle dabei sozusagen Schwarzer Peter spielen. Er wird von einem zum anderen geschoben. Was ist eigentlich hier der Schwarze Peter?
Ich selbst habe ein humanistisches Gymnasium besucht und bin heute sehr dankbar dafür, daß ich in diesem Geist der Menschlichkeit aufgewachsen bin. Ich denke, daß in der heutigen Zeit der Globalisierung, der verschiedenen Kulturen und Beligionen, die aufeinanderprallen, ein gemeinsamer Gedanke gesucht werden muß, mit dem man eine Schar von Schülern, eine Klasse, eine Schule in einem Staat unterrichten kann. Ein gemeinsamer, humanistischer Ausgangspunkt könnte die Basis für ein neues, klares Konzept bilden, das sowohl Lehrer als auch Schüler zur Entspannung und zu neuer Kreativität führt.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!