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Am hellichten Tag

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Wieder einmal muß uns eine Reprise beweisen, daß es auch heute

— miit dem vorhandenen Material an Drehbuchautoren, Regisseuren und Darstellern — durchaus möglich wäre, gute deutschsprachige Filme zu drehen. Ladislao Vajdas Kriminaldrama „Es geschah am hellichten Tag“ aus dem Jahre 1958 ist schon vom Thema her (es geht um Morde an Minderjährigen) heute so brennend wie eh und je. Der Streifen ist trotz seines heiklen Themas mit absoluter Sauberkeit und unter Verzicht auf jegliche Phrasen, Klischees und filmdramaiturgische Unarten inszeniert und besticht vor allem durch die vollkommen lebensechte Zeichnung wirklicher Menschentypen und glaubhafter Konflikte. Einen Großteil seiner Wirkung verdankt der Film natürlich dem ausgezeichneten Buch des in diesem Genre unübertroffenen Schweizier Schriftstellers und Dramatikers Friedrich Dürrenmaitt, der in seiner beispielhaften einfachen und klarten Kriminalstory jeden Charakter peinlich sorgfältig durchzeichnet. Regisseur Vajda konnte aus diesem Drehbuch — den präzisierten Figuren und dem blendenden Dialog

— durchwegs ein Höchstmaß an Wirkung herausholen. Dabei legte er sich optisch äußerste Zurückhaltung auf und verzichtete sowohl in der kurzen Exposition als auch in der dramatischen Schlnßsequenz auf jegliche Schockeffekte. Gerade dem Fehlen theatralischer Ubersteige-rungien verdankt der Streifen seine unbedingte Glaubwürdigkeit. — Außerdem wurde die Kunst des „Unterspielens“, von manchen Schauspielern zur Manie erhoben, kaum jemals wieder so vollendet demonstriert wie hier. Für Heinz Ruhmann bedeutete dieser Film — nach dem „Hauptmann von Köpenick“ — den endgültigen Wechsel in das ernste Cbaraktertfjach; eine ebenfalls menschlich und darstellerisch mitreißende Leistung bietet der große schweizerisch-französische Darsteller Michel Simon in der Rolle des Hausierers Jacquier. Als Psychopaith beweist Gert Fröbe bewährte Meisterschaft.

Der aimerikaniische Streifen „Weißer Terror“ ist zwar nicht der erste, der das heiße Eisen „Rassendiskriminierung“ anfaßt, wohl aber der erste seit dem Inkrafttreten der Gesetze über die Aufhebung der RaHsenschranken in Amerika. Charles Beaurnonts Roman „The Initru-der“ war die Buchvorlage zu diesem Film, nach ihr hat Roger Corman, einer der wagemutigsten' Regisseure der jüngeren amerikanischen Generation („Die wilden Engel“) einen Streifen gedreht, der — wenn schon nicht wegen seiner thematischen Konsequenz und Durchschlagskraft

— immerhin Anerkennung für die Offenheit verdient, mit der er eines der heikelsten Probleme der heutigen Gesellschaft behandelt. Daß der Regisseur dabei nicht auf sehr viel Verständnis von Seiten seiner Landsleute stieß, ist Mar, schließlich kann man iahrhunderte-alte Vorurteile nicht von heute auf morgen durch ein Gesetz aus dem Wege räumen. Leider ist es nicht gelungen, die wesentlichen Punkte wirklich eindeutig herauszuarbeiten, man hat den Eindruck, als hätten die Hersteller des Streifens während der Dreharbeiten Anigst vor ihrer eigenen Couralge bekommen (außerdem kamen die Bewohner des Städtchens, in dem gedreht wurde, dahinter, was hier „gespielt“ wurde!), jedenfalls wird die beinharte Aussaige in den letzten Metern wesentlich abgeschwächt. So ist dieser Film, der nicht immer mit ganz tauglichen Mitteln realisiert wurde, immerhin wegen der mutigen Grundhaltung positiv zu werten.

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