6589402-1952_16_02.jpg
Digital In Arbeit

Bach-Zelewski

Werbung
Werbung
Werbung

Erich von dem Bach-Zelewski I Gar mancher Pole schlug einst ein Kreuz, wenn dieser Name genannt wurde. Damals im „Generalgouvernement .

Und wirklich: wo immer dieser SS- General hintrat, dort wuchs lange kein Gras. Galgen säumten seine Autostraße. Tränen und Verwünschungen begleiteten den Mann, der es sich nicht nehmen ließ, Massenexekutionen persönlich zu kommandieren. Hitler wußte Sehr wohl, warum er gerade von dem Bach-Zelewski und keinem anderen im August 1944 nach Ausbruch- des legendären Warschauer Aufstandes den Vernichtungsbefehl gegen die polnische Kapitale gab. „Obergruppenführer v. d. Bach hat den Auftrag erhalten, Warschau zu pazifi- zieren, das heißt Warschau noch während des Krieges dem Erdboden gleich-, zumachen, soweit nicht militärische Pläne des Festungsbaues entgegenstehen.“ (Wei- süng der „Nachrichtenstelle des Höheren SS- und Polizeiführers Ost“ an den Generalgouverneur Dr. Frank in Krakau vom 11. Oktober 1944.) Und der Mann, dessen Doppelnamen auch polnische Ahnen Verrät, ging mit jenem bei solchen zwielichtigen Charakteren sooft bemerkten Vernichtungstrieb gegen die eigene Vergangenheit ans Werk. Voller Erfolg war ihm beschieden. Die Trümmer von Warschau aber deckten über hunderttausend polnische Männer, Frauen und Kinder. Freilich, sie würden genau so wie das alte Warschau heute noch leben, wäre der Mann jenseits der Weichsel — Marschall Rokossowski und seine Truppen — dem Henker in den Arm gefallen. Warum dies nicht geschah, ist bekannt…

Der Strudel der Niederlage riß auch Bach-Zelewski mit sich. Doch die Salven der Exekutionspelotons krachten weiter. Nacht für Nacht rissen sie den damaligen hohen SS-Führer aus dem Schlaf, raubten ihm seine Ruhe. Die Bilder, die seine Augen einmal gesehen, wollten nicht weichen, kehrten immer wieder. Für die Arzte war die Diagnose einfach: Zwangsvorstellungen. Nun hat in einer Zeit, die vielfach geneigt ist, die Frage der Kriegsverbrecherprozesse nach 1945 zu überprüfen, der einstige Herr über Leben und Tod eines ganzen Volkes einen Entschluß gefaßt. Bach-Zelewski will seine Ruhe finden, die Gesichte, die ihn bedrängen und bedrohen, ein für allemal loswerden. Bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg langte die Selbstanklage wegen Massenmordes ein.

Die Toten sind nicht stumm.

Erschrecken bei den Gedanken an das Glück und Ende Bach-Zelewskis nicht jene, die heute noch ruhig in Ihren Betten schlafen, deren Gewissen stumpf, deren Schuld an der großen polnischen Tragödie deswegen aber nicht geringer ist?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung