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Katholisches Deutschland von einst

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Clemens Wenzeslaus von Sachsen und seine Zeit. 1739—1812. Von Heribert Raab. Band 1. Dynastie, Kirche und Reich im 18. Jahrhundert. Herder-Verlag, Freiburg i. Br. XXXII und 375 Seiten. Frei 48 DM.

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Clemens Wenzeslaus von Sachsen und seine Zeit. 1739—1812. Von Heribert Raab. Band 1. Dynastie, Kirche und Reich im 18. Jahrhundert. Herder-Verlag, Freiburg i. Br. XXXII und 375 Seiten. Frei 48 DM.

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vv ciiz.eaictub vun octuuseu Kurfürst von Trier, Fürstbischo: von Augsburg und Fürstpropst voi Ellwangen, war neben seinem Vet ter Max Franz von Köln, Maris Theresias jüngstem Sohn, der letzt geistliche Kurfürst des alten Reiche; fürstlicher Abstammung. 40 Jahrs lang (1763 bis 1803) regierte er unc hat sich in dieser Zeit mit den Josephinismus, dem von seinen Weihbischof Nikolaus von Honthein ausgelösten Febronianismus, der Wirren der Französischen Revolution und schließlich mit der Säkularisation auseinanderzusetzen gehabt Noch ehe der Plan, ihn zum erster Erzbischof des neu geschaffener Erzbistums München-Freising zt erheben, in die Tat umgesetzt werden konnte, starb er 1812.

Der Autor begnügt sich bei seiner, auf zwei Bände angelegter Biographie, nicht mit einer reiner Lebensbeschreibung. Er geht vor den heute vergessenen Wurzele dynastischer Frömmigkeit aus, dk Im 18. Jahrhundert bei den Habsburgern, den Wittelsbachem unč den Wettinern sehr spezifisch ausgeprägte Formen besaß. Was er darüber schreibt, ist neben den aui das Haus Habsburg-Lothringen bezogenen Forschungen der Gräfin Coreth das beste, was es darüber gibt. Von hier eröffnet sich ein neuer Zugang zu den so viel verlästerten Fürsterzbischöfen des 17. und 18. Jahrhunderts.

Als sich Clemens Wenzeslaus 1761 entschloß, den geistlichen Beruf zu ergreifen, schien er der Erbs aller dynastischen Bistumspolitiken zu werden: Die bayerische Linie des Hauses Wittelsbach, die seit der Reformation einen Großteil der süd- und norddeutschen Bistümer besetzl gehalten hatte, stand vor dem Aussterben. Als Neffen Maria Theresias war dem jungen Wettiner auch die Unterstützung des kaiserlicher Hofes sicher. Raab macht es wahrscheinlich, daß bei Clemens Wenzes-

CHIC CUXlie JDClUIUHg VUlldg. J.J der Tat hat der nicht eben mit be deutenden Geistesgaben ausgestat tete Prinz durch seinen kirchliche) Eifer und seine Frömmigkeit einzu nehmen gewußt. Seine Versuche, fü sich und seinen damals zwölfjähri gen Neffen ein wettinische: Bischofsreich erst im Süden, späte: im Nordwesten und am Rhein zi errichten, können jedoch nicht, wii der Autor es tut, mit seiner echte) Berufung entschuldigt werden. Da Argument, die Reichsbistümer vo dem nur auf Versorgung bedachte) Adel retten zu wollen, ist weni) überzeugend. Schließlich hat es h dieser Zeit neben Clemens Wenzes laus aus dem Adel eine ganz, Reihe hervorragender Bischöfe, wi Franz Ludwig von Erthal (Würz burg Bamberg), Ludwig von Weldei (Freising), Joseph Auersperg (Passau) oder Hieronymus Colloredi (Salzburg), um nur einige zu nennen gegeben. Auch stellten Clemeni Wenzeslaus' zwischen 1761 und 177: liegende Bemühungen, Erzbischo: von Mainz, Köln und Trier, Bischo von Freising, Regensburg, Passau Trient, Speyer, Worms, Lüttich Hildesheim, Münster und Paderborn zu werden, alles in den Schatten, was je ein Prinz, geschwelgt denn ein Adeliger in dieser Richtung versucht hat. Mit dieser These bei Clemens Wenzeslaus etwas füi erlaubt zu halten, was bei Adeliger lediglich der Versorgung dienende) Mißbrauch sein soll, verstellt siet Raab die Möglichkeit, die geistlichen Fürsten dieser Zeit richtig zt beurteilen. Es waren Fürsten geistlichen Standes, die ihren geistlicher Obliegenheiten nachkommen konnten, die aber kein Ärgernis gaben wenn sie es nicht taten, weil di geistliche Verwaltung, von ihner unabhängig, in den Händen meis bürgerlicher Weihbischöfe lag.

Davon abgesehen, erschließt jedoch Raab mit dieser Arbeit Probleme einer lange vernachlässigter

Epoche der deutschen und der Kirchengeschichte. Der zweite Band, der die eigentliche Regierungszeit nach 1771 behandeln soll, darf bei der immensen Materialkenntnis des Verfassers (das Verzeichnis der benutzten Archive nennt die Archive von Augsburg, Darmstadt, Dresden, Düsseldorf, München, Koblenz, Landshut, Ludwigsburg, Stuttgart, Trier, Paris, Wien, Simancas, S'-Gravenhage und das Vatikanische Archiv Rom) mit großer Spannung erwartet werden. Das Werk dürfte, wenn es abgeschlossen vorliegt, geeignet sein, ein ganz neues Bild des katholischen Deutschlands im 18. Jahrhundert zu vermitteln,

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