akt - © Foto: Hubert Arnim-Ellissen

Florian Jakowitsch: Der versprengte Wolf

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Der Künstler Florian Jakowitsch ist ein Geheimtipp. Am 22. April wäre er 100 Jahre alt geworden. Sein Werk ist bunt und vielfältig: Glasfenster, Mosaike, Porträts, Aktund Landschaftsbilder. Eine Hommage an einen Lebenskünstler, dessen Leben so abwechslungsreich war wie seine Kunst.

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Der Künstler Florian Jakowitsch ist ein Geheimtipp. Am 22. April wäre er 100 Jahre alt geworden. Sein Werk ist bunt und vielfältig: Glasfenster, Mosaike, Porträts, Aktund Landschaftsbilder. Eine Hommage an einen Lebenskünstler, dessen Leben so abwechslungsreich war wie seine Kunst.

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Florian Jakowitsch war … ein bunter Hund, ein schwermütiger Lebenskünstler, auf jeden Fall ein Original oder eben, wie er sich selbst bezeichnet hat: der versprengte Wolf, der durch die Gegend streunt und wildert. Auch dort, wo er nicht hinpasst. Gerade dort treibt er sein (Un-)Wesen. In Sachsenbrunn, damals ein „erzbischöfliches Knabenseminar“ mit dem pädagogischen Ziel, in den Knaben die Sehnsucht nach dem Priesterberuf zu fördern, war der Kunsterzieher Jakowitsch so etwas wie der Antichrist – zumindest ein Gegenpol, ein Fenster zur Welt, die hinter den schlossähnlich-dicken Mauern des Internats durch seine Erzählungen erahnbar wurde. Pfeife rauchend auf dem Katheder sitzend, quasselte er seine Lebens-ahnungslosen Schüler nieder: die Pariserinnen, die er gemalt und gezeichnet hat – und was noch? Da zündete er sich die Pfeife an und lachte. Und seine Schüler fantasierten, was das Leben da draußen alles zu bieten habe. Vielleicht hat der Künstler mit seinem Unterricht so manche Berufung wieder ins weltliche Leben zurückgeholt. „Nütze die Gelegenheit zur Lust, wir hätten sie nicht, wenn’s nicht im Plan Gottes wäre!“ Theologie der Lust war ein Virus in der priesterlichen Kaderschmiede. 21 Jahre lang unterrichtete Florian Jakowitsch in Sachsenbrunn, 1985 ging er als Lehrer in Pension – der Künstler werkte noch weitere 35 Jahre lang.

Beeinflusst von Kolig, Kokoschka

Mit Mitte 30 hatte Jakowitsch bei Oskar Kokoschka die „Schule des Sehens“ besucht. Diese Sommerakademie auf der Hohenfeste Salzburg war für Jakowitsch nach seinem Aufenthalt in Paris eine prägende Erfahrung, denn Kokoschka verweigerte den Nachkriegstrend der abstrakten Malerei und hielt an der figurativen Malerei fest. Jakowitsch folgte seinem Beispiel und wurde damit ein Künstler abseits des wirtschaftlich erfolgreichen Mainstreams in der Malerei seiner Zeit. Seine Lehrer hatten die Liebe zum Figurativen und die Abneigung gegen den Nationalsozialismus gemeinsam: Anton Kolig, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Herbert Boeckl, dessen abendlichen Aktkurs an der Akademie der bildenden Künste in Wien Jakowitsch in der Nazizeit besuchte. Wenige Jahre nach dem Tod Boeckls (1966) fuhr der nun selbst als Lehrer tätige Jakowitsch mit einer Schulklasse ins Stift Seckau, um die von Herbert Boeckl gestaltete „Engelkapelle“ zu besuchen. Pater Benno, ein kleiner, glatzköpfiger Benediktiner des Stifts, war bereit, den Sachsenbrunner Schülern das Fresko der Apokalypse von Herbert Boeckl zu erklären. Es hätte keinen Besseren geben können: Pater Benno hatte Boeckl während seiner Arbeit menschlich und theologisch begleitet. Und dann trat der typische „Jakerl“ auf: Der Kunsterzieher winkte einige Schüler zu sich, zeigte auf einen Ausschnitt an der Kapellenwand und deutete mit dem Kopf verschmitzt lächelnd auf den lebhaft erklärenden Pater Benno: Tatsächlich, die Mimik zeichnet unverkennbar den Pater nach. Die Schule des Sehens.

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