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Ich hab' es Dir schon in der Nacht zugeflüstert und habe es Dich wissen lassen wollen, aber Du schläfst so tief (und laut), daß Du nichts hörst. Ich mach' Dir keine Vorwürfe, weil ich ja weiß, wie sehr Du darunter leidest, im Bett bleiben zu müssen mit Deiner Grippe und den überall spürbaren Molesten. Kein Fieber, aber Kurzatmigkeit, trockener Husten und der übliche Schwindel - ich weiß. Schön, daß Du mich doch neben Dir duldest, es erträgst, daß ich Dir mitten ins Gesicht hineinschnaufe und Dir den rechten Vorderfuß auf die Schulter lege. Du weißt, ich bin ein Körperkontaktsucher erster Ordnung. Oft denke ich, daß ich Dir gar nix sagen muß, weil Du mich immer hörst. Immer wenn Du mich streichelst, mir in die Augen schaust und wenn Du lachst, wenn ich mit dem - wie sagst Du? - Ringelschwanz wedle. Aber dann reißt der Faden und Du bist weit weg mit Deinen Gedanken. Also: Du wirst jetzt bald Geburtstag haben - 80 - und ein sehr alter Monsieur sein. Leute rufen an, Zeitungen sind freundlich und gar manches Geschenk wird abgegeben.

Und nun steh' ich da mit leeren Pfoten und will Dir auch eine Freude machen, nur - wie macht man das als Hund? Soll ich plötzlich das werden, was die Leute "brav" nennen? Soll ich nicht mehr bei Tisch auf Leckerbissen warten und die Tropfen zurückhalten, die mir von der Zunge rutschen? Das wäre doch unnatürlich! Soll ich nicht mehr wie ein Berserker bellen, wenn es an der Tür läutet? Dazu bin ich doch da - es steht doch am Eingangstürl: Vorsicht scharfer Hund! Was soll ich tun, damit ich Dir Freude mache und Du mich lieb behältst?

Vor sechs Jahren hat mich der Xandi vom Khleslplatz geholt und mich Dir als Weihnachtsgeschenk gebracht, eineinhalb war ich damals. Ungefähr. Ich hab' mich gleich wohl gefühlt bei Dir und war froh, bei Euch gelandet zu sein. Du siehst ja, wie ich mich entwickelt habe, ich bin ruhiger und molliger geworden.

Am meisten taugt es mir, daß Du mir so oft in die Augen schaust und mich am Kopf kraulst. Wenn ich mich revanchieren will, brummst Du und murmelst was von scharfen Krallen. Wieso eigentlich, ich bin doch keine Katze. Aber zurück zum Thema: ich kann Dir nichts schenken außer meine Liebe und Zutraulichkeit. Ich, bin immer für Dich da - ohne Murren und ohne Einschränkung. Schau mir in die Augen und Du weißt alles.

Dein Berni Antwort: Lieber Berni! Ich schau' -ich weiß - ich danke Dir.

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