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Fatnk des Herrn
Glaubt ihr, eurer Hämmer Pochen bei der Esse Schein, Sei das Taktgedröhne dieser Welt allein?
Glaubt ihr, Gold gedröhne füll die Erde ganz, Wenn die Börse schlittert bei der Krämer Tanz?
Glaubt Ihr, Geist gedröhne sei der Takt zumeist, Rotationsmaschinen wirrer Wandelgeist?
Irrt ihr so dahin, ea ist Lärmwerk nur,
Allen Lärm der Menschheit überdröhnt Naturl
Werft Ihr euch zur Erde, Ohr aufs Moos gepreßt, Hört ihr erst des rechten Dröhnens Werdefest.
Hört Millionen von Maschinen surren durch das Haus, Hört der wirbelnden Turbinen fördernd Kraftgebraus.
Hört, wie heiß durch Schaft und Zelle schießt des Werdens Geist, Wie durch Finsternis und Helle Lebensodem kreist.
Hier ertönt das wahre Dröhnen, ewiglich und stark, Allen zugewandten Söhnen dröhnt es 'bis ins Mark.
Dröhne fort, o Wunderstätte, o Fabrik des Herrn, Daß ich mich zu dir hinrette, allem Nicht'gen feml
Daß ich schauernd mit enthülle Deutung und Gestalt, Daß mich dröhnend ganz erfülle Werdens Urgewalt,
Daß ich stark von mir entferne, was an mir zu weich, Daß ich wissend leben lerne, sterben auch zugleichl daß der Reiz der Sünde so groß und verführerisch ist, daß man, hat man sie einmal nur erlebt, sie nie wieder vergessen kann. Und das heiligste Leben kann mit der Erinnerung an sie vergiftet werden. Sie kann einbrechen selbst in alle Heiligkeit wie ein Geist und ihre Musik erklingen lassen in der Mitternachtsmesse. Sogar bei der Aussetzung der Hostie kann sie wirksam sein und das Herz des Priesters überfallen. Es gibt Mönche, die weinen, weil sie nidit zu 6Ündigen wagen, die wie die Tiere toben, weil sie nidit sündigen wollen.'
Er schwieg, Graues Licht zog über die Berge. ,So unterrichtet, beschloß ich, niemals die Sünde kennen zu lernen, um nicht so schrecklich leiden zu müssen. Und ich warf mich in die Arme Gottes. Und doch habe ich gelitten. Wie mußte ich leiden.' Sein Gesicht war verstört, seine Lippen zusammengepreßt. Ich stand wie unter einer Verzauberung, meine Augen konnten sich nicht von ihm abwendet. Ich hatte nur den einen Wunsch, ihn weiter zu hören. Und mit einer vor Erregung heißeren Stimme fuhr er fort: ,Ich wurde ein Mönch wie alle diese Mönche. Du'... und er wies mit ausgestrecktem Finger auf mich..., ,du, mein Geist, mir so ähnlich gemacht, wurdest geboren, als ich geboren wurde... um mich zu quälen. Denn während ich im Gebete lag, wurde ich deiner Gottlosigkeit bewußt, als sei es meine eigene. In meinem Glauben wurde ich deines Unglaubens gewahr, als sei es mein eigener. Was ich auch immer für Gott zu tun versucht habe, wurde zerstört und vernichtet durch all das, was du ungetan ließest. Ich habe mit dir gekämpft. Ich habe versucht, dich niederzuringen, ich habe versucht, dich mit mir zu ziehen, dorthin, wo ich wollte. Jahre hindurch habe ich mit dir gerungen. Aber es schien, als wollte Gott meinen Kampf nicht gutheißen. Wenn du sündigtest, habe ich
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Todesqualen gelitten. Ich lag nachts auf dem Fußboden meiner Zelle und habe mein schwaches Herz zerrissen. Denn manchmal habe ich mich gesehnt — wie habe ich mich gesehnt — nach deinen Sünden.' Er bekreuzigte sich. Tränen standen in seinen Augen. ,Ich habe dich meinen Dämon genannt', rief er au9, ,doch du bist mein Kreuz. O Bruder, willst du nicht meine Krone sein?'
Seine Augen, in Tränen schwimmend, blickten in die meinen. Und, Bernhard, in diesem Augenblick begriff ich alle meine schweren Depressionen, meine so unerklärliche Verzweiflung, den eingebildeten Haß der Freunde gegen mich, ja sogar meine wenigen guten Tajen, alles kam ja von ihm, von diesem heiligen Geist meines bösen Selbst.
.Willst du nicht meine Krone werden?' fragte er nochmals.
Und ich fiel, zu seinen Füßen, in den Schnee. Ich gestand ihm alles und erhielt seine Absolution. Und als das Tageslicht wuchs und sich klar über die Gebirge legte, da segnete er mich, er, mein Geist, mein anderes Ich.“
Wir schwiegen lange. Dann sagte ich: „Und nun?“ „Und nun weißt du, warum ich mich geändert habe. An jenem Tage, als ich in das Land der Sonne zog. legte ich ein Gelübde ab.“
„Ein Gelübde?“
„Ja, seine Krone zu sein, nicht sein Kreuz. Bald kehrte ich nach England zurück. Zuerst war ich sehr glücklich, dann plötzlich überfiel mich wieder meine alte böse Natur wie ein wildes Tier. Ich verfiel wieder der Sünde, und ich sah wieder sein Gesicht, blaß bis in die Lippen mit den traurigen vorwurfsvollen Augen. Da glaubte ich mich nicht mehr wert, zu leben, ich versuchte, mich zu töten. Sie retteten mich und bradnen mich hierher.“
„Ja, und nun Robert?“
„Jetzt bin ich sehr, sehr glücklich. Gott brachte midi hierher, wo ich nicht sündigen kann. Tage und Nächte vergehen, rein und fleckenlos. Und er kommt oft des Nachts und segnet mich. Ich lebe jetzt für ihn und sehe im Geiste immer die grauen Mauern eines Klosters und sein Gesidit, das schließlich ganz das meine werden wird.“
„Leben Sie wohl“, sagte der Arzt zu mir, als ich in den Wagen stieg, der mich zum Bahnhof zurückbringen sollte. „Ja, ich bin davon überzeugt, daß er sich vollkommen glücklich fühlt, glücklicher in seinem des Arztes nach: „Wir in unserer Gesund-Wahnsinn, so scheint mir, als wir in unserer heit...“ Ich dachte an den Frieden, der auf Gesundheit.“ Huberts Gesidit lag und die sogenannten Während der Wagen mich immer weiter Verrückten mit den sogenannten Gesunden aus dem Bereich der Irrenanstalt heraus- vergleichend, geriet ich in stille Verführte, grübelte ich über die letzten Worte wunderung.
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